Impfen rund um die Schwangerschaft |
Während der Schwangerschaft schützen Impfungen nicht nur die Mutter, sondern auch das ungeborene Kind. / Foto: Adobe Stock / New Africa
Dass Frauen schon vor Eintritt der Schwangerschaft Folsäure brauchen, hat sich mittlerweile rumgesprochen. An Impfungen denken bei Kinderwunsch hingegen eher weniger. Dabei schützen sie nicht nur die werdende Mutter und den Fetus, sondern verhindern über den sogenannten Nestschutz auch nach der Geburt Infektionen. Um vermeidbare Risiken von vornherein auszuschließen, sollten Frauen daher rechtzeitig in der Kinderplanung ihre Impfungen auffrischen oder nachholen. Denn auch hier gilt, dass Vorsorge besser als Nachsorge ist.
Verlässliche und aktuelle Informationen rund um das Thema Impfen bietet die Ständige Impfkommission (STIKO) und beantwortet, welche Impfungen grundsätzlich in der Schwangerschaft möglich oder sogar empfohlen sind. Schließlich wägen Ärzte in dieser Zeit jede Arzneimitteltherapie und Impfung besonders vorsichtig ab. Die gute Nachricht vorab: Gegen zahlreiche Erkrankungen dürfen auch Schwangere sicher und komplikationsfrei geimpft werden.
Eine Ausnahme bilden Varizellen (Windpocken), Masern und Röteln. Hier empfiehlt die STIKO bei Kinderwunsch vor Eintritt einer Schwangerschaft die vollständige Immunisierung gegen die Erreger sicherzustellen. Denn eine Infektion kann auch die Gesundheit des ungeborenen Kindes bedrohen. Schäden treten umso wahrscheinlicher und gravierender auf, je früher in der Schwangerschaft die Übertragung stattfindet. Gerade ungeschützte Schwangere, die bereits ein Kind im Kindergarten oder der Schule haben, sind gefährdet. Bei ungeklärtem Impfstatus gilt die Devise: Nicht dokumentiert, heißt nicht gemacht. Ist eine Frau unsicher, ob sie Windpocken durchgemacht hat, kann eine Antikörperbestimmung Klarheit bringen.
Bei fehlendem Schutz, wird die entsprechende Impfung zweimal im Abstand von vier bis acht Wochen appliziert. Dabei handelt es sich um Lebendimpfstoffe. Meist wählt der Arzt einen Masern-Mumps-Röteln-Kombinationsimpfstoff, da beispielsweise gegen Röteln seit 2012 kein Einzelimpfstoff in Deutschland mehr verfügbar ist. Kombinationsimpfstoffe bringen im Hinblick auf eine Immunreaktion oder Impfverträglichkeit jedoch keine Nachteile mit sich. Es gibt sie auch als Vierfachimpfung mit abgeschwächten Varizellen-Viren.
Nach einem Lebendimpfstoff sollen Frauen einen Monat lang zuverlässig verhüten, für Schwangere sind sie sogar kontraindiziert. Wird aus Unwissenheit doch in der Schwangerschaft geimpft, können Betroffene aber aufatmen. Denn bisher wurden keine negativen Auswirkungen beobachtet. Ein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch besteht also nicht.
Fehlen Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Polio, sollten Frauen mit Kinderwunsch diese gemäß der allgemeinen STIKO-Empfehlung nachholen. Eine Wartezeit bis zum Eintritt einer Schwangerschaft ist bei Totimpfstoffen unnötig. Diese Impflücken dürfen sogar schwanger geschlossen werden. »Für Totimpfstoffe, wie zum Beispiel gegen Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B, stellt eine Schwangerschaft keine Kontraindikation dar«, macht die STIKO auf ihrer Homepage deutlich. Natürlich müssen auch bei der Indikationsstellung von Impfungen individuelle Faktoren berücksichtigt werden und erfordern eine Risiko-Nutzen-Abwägung durch den Arzt.
Dabei sollten Schwangere und ihre behandelnden Ärzte auch das Risiko für eine Influenza-Infektion im Blick haben. Denn »schwere, fieberhafte Infekte bergen immer die Gefahr, dass es zu vorzeitigen Wehen und zu einer Frühgeburt kommt«, erläutert Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte in einer Pressemitteilung. Um Mutter sowie das Ungeborene zu schützen, wird daher explizit jeder Schwangeren während der Grippesaison eine Influenza-Impfung empfohlen.
Zudem passt sich das Immunsystem werdender Mütter umfangreich an die neuen Bedingungen an, unter anderem um den Fetus trotz fremder Antigene des Vaters nicht abzustoßen. Das äußert sich als leichte Immunsuppression, sodass Erkrankungen wie Grippe oder Covid-19 öfter einen schweren Verlauf nehmen. Schwangere mit Covid-19 benötigen nach neusten Studien beispielsweise 6-fach häufiger intensivmedizinische Versorgung als Nicht-Schwangere.
Eine Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfahl daher jüngst, gegen Covid-19 bei Schwangeren und Stillenden vorzugsweise einen mRNA-basierten Impfstoff zu verwenden. Dieser würde weder zu vermehrt schwangerschaftsspezifischen Komplikationen führen noch traten Unterschiede im Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu Nicht-Schwangeren auf.
Die STIKO jedoch spricht bisher keine generelle Impfempfehlung für Schwangere aus, wie sie in einer Pressemitteilung am 10. Mai publizierte. Nach ausführlicher Aufklärung und individueller Nutzen-Risiko-Abwägung könne Schwangeren aber eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff angeboten werden, besonders bei Vorerkrankungen oder erhöhtem Expositionsrisiko, wie die STIKO am 12. Mai ergänzte.
Empfehlung | Impfung |
---|---|
Empfohlen vor Eintritt einer Schwangerschaft |
Masern1 Röteln1 Varizellen1 Tetanus, Diphtherie, Polio |
Ausdrücklich empfohlen während der Schwangerschaft |
Influenza (ab dem 2. Trimenon, bei Risikofaktoren früher) Pertussis (zu Beginn des 3. Trimenons, bei erhöhtem Risiko für eine Frühgeburt früher) |
Erlaubte Impfstoffe während der Schwangerschaft nach Indikationsstellung |
Totimpfstoffe beispielsweise gegen Tetanus, Diphtherie, Hepatitis A und B, FSME mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 |
Kontraindiziert/nicht empfohlen bei Schwangeren |
Masern-/Mumps-/Röteln-Impfung Varizellen-Impfung Gelbfieberimpfung2 |
Nicht empfohlen bei Stillenden | Gelbfieberimpfung3 |
Üblicherweise impfen Ärzte Schwangere ab dem zweiten Trimenon. Nur bei Risikofaktoren wie Diabetes ziehen sie beispielsweise die Influenza-Impfung in das erste Schwangerschaftsdrittel vor. Grund für die Immunisierung ab dem zweiten Trimenon ist kein fetotoxisches Risiko, sondern Sorge um einen möglichen Gewissenskonflikt der Frau. Denn die meisten Aborte treten spontan innerhalb der ersten drei Monate auf. Würde zeitgleich geimpft, könnte die Betroffene fälschlicherweise einen Zusammenhang herstellen und sich womöglich Vorwürfe machen.
Ein besonderes Timing bedarf auch die Pertussis-Impfung. Seit 2020 soll generell jede Schwangere ihren Pertussis-Schutz auffrischen – und zwar unabhängig davon, wann die letzte Impfung stattgefunden hat. Keuchhusten ist hochansteckend und löst nicht nur vorzeitige Wehen aus, sondern stellt ein ernstes Risiko für das Neugeborene dar. Komplikationen treten besonders bei den Allerkleinsten im ersten Lebenshalbjahr auf. Sogar tödliche Verläufe kommen vor.
Da die Antikörper nach der Pertussis-Impfung rasch wieder abnehmen, wird sie von der STIKO zu Beginn des dritten Trimenon empfohlen. Dieses Timing ermöglicht den Aufbau einer effektiven Leihimmunität. Das bedeutet, dass IgG-Antikörper der Mutter über die Nabelschnur zum Embryo gelangen und den Säugling in den ersten Monaten nach der Geburt schützen, ehe er selbst geimpft werden kann. Durch die Impfung der Schwangeren sinkt so laut Robert-Koch-Institut das Pertussis-Risiko von Säuglingen in den ersten drei Monaten um 90 Prozent.
Zuvor galt die sogenannte »Konkonstrategie«. Hierbei sollte der Nachwuchs durch Herdenimmunität geschützt werden, indem alle im Umfeld der jungen Familie gegen Pertussis geimpft sind. Leider wurde dies trotz Aufklärung oft nur unzureichend umgesetzt und stellt keine effektive Alternative zur Impfung der Schwangeren dar.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.