Insekten snacken |
Barbara Döring |
29.04.2025 12:00 Uhr |
Der Gelbe Mehlwurm (Tenebrio molitor) war das erste Insekt, das in Europa als neuartiges Lebensmittel zugelassen wurde. / © Getty Images/ollo
Frittierte Heuschrecken, Pasta aus Grillenmehl, Sportriegel mit Insektenprotein – bis vor wenigen Jahren war es für die meisten Menschen in Deutschland wohl noch undenkbar, sich Nahrungsmittel aus Maden, Grillen oder Käfer schmecken zu lassen. Schon die Vorstellung, eine Mehlmotte im Vorratsglas zu finden, dürfte vielen Verbrauchern ein Ekelgefühl bescheren. Inzwischen ist die Idee, Krabbeltiere als wertvolle Proteinquelle zu nutzen, gar nicht mehr so abwegig. Immerhin kann sich einer Umfrage zufolge fast die Hälfte der Deutschen vorstellen, dass Lebensmitteln aus Insekten geeignet sind, um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen.
Alternativen sind jedenfalls gefragt, da ein hoher Fleischkonsum das Klima belastet. So ist die Zucht von Insekten platzsparender als die Haltung von Rindern, sie verbraucht weniger Futter und erzeugt geringere CO2-Emissionen. Laut dem Max-Rubner-Institut deuten Modellrechnungen darauf hin, dass alternative Proteinquellen einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten können, vor allem, wenn erneuerbare Energien und Rohstoffe genutzt und herkömmliche tierische Produkte ersetzt würden.
Untersuchungen zeigen, dass für die Zucht von 1 kg Mehlwürmern eine Fläche von 3,6 m2 pro Jahr benötigt wird. Das entspricht nicht einmal der Größe einer Tischtennisplatte. Um 1 kg essbares Protein aus Mehlwürmern zu gewinnen, wären demnach jährlich 18 m2 erforderlich. Die Produktion von Hühnerfleisch benötigt fast dreimal so viel Fläche, die von Rindfleisch 15mal so viel. Den Berechnungen zufolge würde die Insektenproduktion insgesamt 50 bis 80 Prozent weniger Fläche erfordern als die Herstellung anderer, gängiger tierischer Lebensmittel. Und: Um 1 kg Mehlwurm-Fleisch zu erzeugen, wird nur 1 Liter Wasser verbraucht. Zur Erzeugung von 1 kg Rindfleisch sind es dagegen 15.000 Liter.
Die Lust auf einen Burgerpatty aus zermahlenem Buffalo-Würmern dürfte hierzulande noch gering sein. In anderen Teilen der Welt sind Krabbeltiere auf dem Speiseteller dagegen längst selbstverständlich. Verspeist werden vor allem Käfer, Raupen, Heuschrecken, Grillen und Ameisen, aber auch Bienen und Wespen. Abgesehen davon, dass in Europa bis vor etwa 200 Jahren Maikäfer hin und wieder in der Suppe oder als kandierte Nachspeise den Speiseplan bereicherten, hat der Verzehr von Insekten hier allerdings keine Tradition. Entsprechend lässt auch das Angebot noch zu wünschen übrig. Im Jahr 2020 fanden Mitarbeiter der Verbraucherzentralen gerade einmal 32 verschiedene essbare Insektenprodukte in den Supermarktregalen.
In der europäischen Union fallen Insekten unter die Novel-Food-Verordnung. Zugelassen sind zurzeit Mehl- und Buffalo-Würmer, Wanderheuschrecken sowie verschiedene Grillenarten. Enthalten verpackte Lebensmittel Speiseinsekten, müssen diese auf der Zutatenliste mit ihrem lateinischen Namen erscheinen. Auch der geläufige Name soll vermerkt sein, etwa bei Grillen »Heimchen – Acheta domesticus«. So ist ausgeschlossen, dass die Tiere unbemerkt beigemischt werden. Für unverpackte Lebensmittel gilt das nicht. Hier sollte das Verkaufspersonal Auskunft geben können.