Die im September unter der gemeinsamen Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) aktualisierte S3-Leitlinie zu Lichen sclerosus will Fachleute und Laien für die Erkrankung stärker sensibilisieren. »Früherkennung und Therapie sind das A und O«, betonte Dr. Gudula Kirtschig, Dermatologin am Medbase Gesundheitszentrum Frauenfeld/Schweiz, die federführend sowohl an der zugrunde liegenden europäischen als auch der deutschen Leitlinie beteiligt war, in einer Pressemitteilung der DDG.
Wenn nicht früh und konsequent behandelt werde, könnten die Folgeschäden für die betroffenen Menschen massiv sein. Zu den möglichen Komplikationen gehören sexuelle Dysfunktion und auch die Entwicklung anogenitaler Karzinome. Auch die psychische Komponente sei nicht zu unterschätzen. »Ängste und psychische Erkrankungen, depressive Phasen, der Verlust des Selbstwertgefühls – diese Begleiterscheinungen dürfen nicht übersehen werden«, so Kirtschig.
Die neue Leitlinie betont die zentrale Rolle der frühzeitigen Therapie der äußeren Genitalhaut mit potenten Glucocorticoid-haltigen Topika der Klasse III oder IV wie etwa Clobetasolpropionat 0,05 % oder Mometasonfuroat 0,1 %. Dabei empfehlen die Leitlinienautoren Steroide in Salben - anstelle von Cremes oder Lotionen als Grundlage. Das gilt sowohl bei akuten Schüben als auch in der Erhaltungstherapie. Sie bewirkten in der Regel eine rasche Verbesserung der Symptome.
Zusätzlich zur Standardtherapie soll eine Basistherapie mit Emollienzien erfolgen. Die feuchtigkeitsspendenden und hautpflegenden Salben können nach einer initialen Glucocorticoid-Behandlung eine zusätzliche Linderung bewirken. »Wir empfehlen, mindestens zweimal täglich Emollienzien aufzutragen, um die Hautbarriere zu stärken«, sagt Kirtschig. Topika mit pflanzlichen Komponenten, Antihistaminika, Anästhetika und Parfümstoffen sollten LS-Patienten meiden, da ein erhöhtes Risiko einer Kontaktsensibilisierung besteht.
Als zweite Wahl oder zusätzlich nennen die Experten eine topische Therapie mit Calcineurininhibitoren wie Pimecrolimus (1 % Creme) und Tacrolimus (0,1 % und 0,03 % Salbe). Ebenfalls off label ist die topische Anwendung von Retinoiden. Ist eine systemische Therapie erforderlich, sollten Acitretin oder Methotrexat (Teratogenität berücksichtigen) eingesetzt werden (alle off label). Falls die therapeutische Wirkung bei Jungen und Männern nicht überzeugt, empfiehlt die Leitlinie erstmals eine vollständige Entfernung der Vorhaut.
Darüber hinaus sieht die Leitlinie in der Zusammenarbeit mit den Betroffenen einen wichtigen Baustein, um die Therapietreue zu verbessern. Sie sollen durch ausführliche Aufklärung und Informationen nicht nur zu Anatomie und zum Erscheinungsbild der Krankheit, sondern auch zu psychischen Aspekten und Angeboten von Selbsthilfegruppen unterstützt und dazu angeleitet werden, den Verlauf ihrer Krankheit zu beobachten und konstruktiv damit umzugehen, heißt es vonseiten der DDG.