Kapseln mit Phenprocoumon herstellen |
Jede Apotheke besitzt einen Porzellanmörser. Doch ist dieser für Mahlzwecke noch geeignet? Wie bei allen Arbeitsgeräten üblich, ist auch die raue Reibschale vor Einsatz auf Funktionalisierung zu überprüfen. Dazu einfach kurz mit den Fingerspitzen über die Innenfläche des Mörsers streichen. Gerade am Boden des Mörsers nutzt es sich rasch ab. Fühlt sich die Oberfläche glatt an, so ist ein Vermahlen und Zerkleinern nicht mehr möglich. Übrigens gilt dies ebenfalls für den rauen Pistillkopf. Erst nach bestandener Funktionskontrolle sind sowohl die raue Reibschale als auch das raue Pistill nach dem Desinfizieren betriebsbereit.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Größe der gewählten Reibschale. Ist Ihnen bekannt, dass dieses Zerkleinerungsgerät maximal bis zu 5 Prozent seines Nennvolumens mit dem zu vermahlenden Gut beladen werden darf? Ist die Reibschale mit zu viel Material belegt, so ist die Kontakthäufigkeit zur rauen Oberfläche des Porzellans zu gering. Die Vermahlung bleibt aus. Weiter ist darauf zu achten, dass das Pistill zur Größe des Porzelanmörsers passt.
Das bekannteste Füllmittel für die pädiatrischen Kapseln ist das Markenprodukt Mannitol 35®. Die Kennzahl 35 des süßlich schmeckenden Pulvers ergibt sich historisch aus der mittleren Korngröße, die mittels Luftstrahlsiebung bestimmt wird. Die im NRF angegebene Korngröße von 50 µm ergibt sich aber aus der Messung mithilfe der Laser-Diffraktion. Die Differenz der Zahlenwerte ist mit der langestreckten Form der Kristalle erklärbar und der nicht exakten Teilchengrößenbestimmung mittels Luftstrahlsiebung.
Der Vorteil dieses Füllmittels: Mannitol ist wasserlöslich und überdeckt den bitteren und unangenehmen Geschmack von Wirkstoffen. Der Zusatz von 0,5 Prozent hochdispersem Siliciumdioxid (Aerosil®) erhöht die Fließfähigkeit und bindet Feuchtigkeit. Die Herstellung des Füllmittels ist unter NRF S.38 Mannitol-Siliciumdioxid-Füllmittel zu finden. Nachteilig ist die abführende, also laxierende Wirkung des Mannitols. Wird der süßschmeckende Stoff jedoch in so viel Wasser gelöst, dass eine 5-prozentige Mannitol-Lösung entsteht, so ist diese Zubereitung isoton. Per Dreisatz ist je nach Kapselgröße die zuzugebende Wassermenge rasch berechnet.
Die isoosmotische Konzentration von Mannitol beträgt circa 5 Prozent. Das heißt: Wird 5 g Mannitol in 100 mL Wasser gelöst, entsteht eine isotone Lösung.
1 Kapsel enthält ca. 0,275 g Mannitol (Nominalwert des NRF)
Per Dreisatz X mL/0,275 g= 100 mL/5 g ist rasch auszurechnen, dass bei Zugabe von 5,5 mL Wasser eine isoosmotische Mannitol-Lösung entsteht.
Alternativ eignet sich Cellulose-Siliciumdioxid-Füllmittel (NRF S. 54.). Auch bei diesem Füllmittel wird 0,5 Prozent Aerosil® mit der Kennzahl 200 m²/g als Fließregulierungsmittel zugesetzt. Ein wichtiger Hinweis: Die Korngröße der Cellulose wie zum Beispiel Micocel® PH 102 ist mit 100 µm doppelt so hoch wie beim Mannitol 35®. Der Mahlaufwand der Phenprocoumon-Tabletten verringert sich deshalb. Und ein weiterer Vorteil ergibt sich daraus: Da die Substanz in Wasser nicht löslich ist, ist die Isotonie irrelevant.
Nachteilig ist jedoch, dass der bittere Geschmack des Wirkstoffs deutlich durchschlägt. Nicht wenige Kinder verweigern dann die Einnahme. Weiter wird immer wieder die potenziell auftretende Pinozytose der unlöslichen Cellulosefasern thematisiert. Aber es kann eine deutliche Entwarnung ausgesprochen werden, denn die partikuläre Aufnahme sehr kleiner Teilchen über die Darmschleimhaut ist bei der mittleren Teilchengröße um 100 µm ohne praktische Bedeutung. Laut Literatur sind nur Cellulosefasern unter 5 µm problematisch. Und so kleine Cellulosepartikel dürfen laut Vorschrift nicht mehr als 0,5 Prozent des Füllmittels ausmachen. Cave: Es gibt im Handel mikrokristalline Cellulose mit einer Korngröße von 50 µm! Sie sollte aufgrund der Pinozytose-Problematik keinesfalls für die Kapselproduktion verwendet werden.