Keine Chance für Borreliose |
Sind die Gelenke infiziert, sprechen Mediziner von einer Lyme-Arthritis. Betroffen sind am häufigsten die Knie-, aber auch Sprung- oder Ellenbogengelenke. Ebenso wie Haut und Gelenke können Borrelien auch das Nervensystem befallen. Auch wer von einer Neuroborreliose betroffen ist, merkt das in der Regel erst wenige Wochen oder sogar Monate nach dem Zeckenstich. Typisch sind brennende Nervenschmerzen, die sich nachts verschlimmern und oft mit ein- oder beidseitigen Gesichtslähmungen einhergehen. Möglich sind auch Nervenreizungen, die zu Taubheitsgefühlen, Seh- oder Hörstörungen und in sehr seltenen Fällen sogar zu Lähmungen des Rumpfes, der Arme oder der Beine führen.
Bei Kindern wiederum zeigt sich die Neuroborreliose eher in Form einer nicht eitrigen Hirnhautentzündung mit starken Kopfschmerzen oder plötzlichen Gesichtslähmungen. Sehr selten kann eine Borrelieninfektion auch Entzündungen oder Rhythmusstörungen des Herzens auslösen.
Im Blutbild lässt sich eine Borreliose ab der dritten Erkrankungswoche anhand früher Antikörper (IgM-Antikörper) nachweisen. Ab der sechsten Krankheitswoche findet man auch späte Antikörper (IgG-Antikörper), die durch einen weiteren Test bestätigt werden müssen.
Bei der Therapie seien in allen Fällen Antibiotika Mittel der Wahl, betonen die IQWiG-Experten: »Borreliose-Beschwerden können zwar auch ohne Antibiotika von allein abklingen. Dann ist aber das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf höher.« Meist wird über einen Zeitraum von 10 bis 21 Tagen behandelt, danach heilt die Infektion in der Regel folgenlos aus.
Es kann aber auch passieren, dass eine erste Antibiotikabehandlung bei bestimmten Patienten mit Borrelienarthritiden nicht ausreichend wirkt. Dann kann es nötig sein, eine erneute antibiotische Therapie durchzuführen. Davon, nach einem Zeckenstich vorbeugend Antibiotika einzunehmen, um das Risiko für eine Borreliose zu verringern, rät das IQWiG aber ab. Es gebe keine Studien, die einen Vorteil der vorbeugenden Einnahme zeigen. Wichtig ist vor allem, zum Arzt zu gehen, wenn die genannten Krankheitszeichen auftreten.
Der Begriff »Zeckenbiss« ist zwar verbreitet, aber nicht korrekt. Laut RKI kommt der biologische Mechanismus, mit dem die Zecke bei Tieren und Menschen Blut entnimmt, eher einem »Stechen« als einem »Beißen« nahe. Denn die Zecke ritzt die Haut zwar mit ihren den Kieferklauen an, schiebt dann aber ihren Stechrüssel (Hypostom) in die Wunde hinein und saugt aus den verletzten Kapillaren Blut.
Ob ein Zeckenstich überhaupt zu Borreliose führt, hängt vor allem davon ab, wie lange die Zecke in der Haut gesteckt hat, und wie alt und groß sie war. Große Zecken sind häufiger mit Borrelien infiziert als kleine, da sie älter sind und in der Regel schon mehr Wirte gestochen haben. Außerdem schwankt die Rate der infizierten Zecken stark von Region zu Region. Eine Studie des Zentralinstituts der kassenärztlichen Vereinigung von 2019 ergab nach Auswertung der kassenärztlichen Abrechnungen, dass Regionen in Brandenburg, Thüringen, Sachsen, der Norden und Westen Bayerns sowie ganz Sachsen-Anhalt die meisten Infektionen mit Borreliose aufwiesen.
Auch bekommt nicht jeder, der von einer infizierten Zecke gestochen wird, Borreliose. Denn die Bakterien leben im Darm der Zecke. Erst nachdem die Zecke mit dem Saugen begonnen hat, wandern die Borrelien allmählich in die Speicheldrüsen, von wo sie mit dem Zeckenspeichel auf den Gestochenen übertragen werden. Wer seinen Körper also gleich nach einem Aufenthalt im Freien auf Zecken untersucht und sie innerhalb von 24 Stunden entfernt, kann sich wirksam vor Borreliose schützen. Gerade Kinder sollten immer wieder daran erinnert werden.