Komplexe Systeme |
Isabel Weinert |
15.09.2022 17:34 Uhr |
Auf dem Rezepturgang am zweiten Tag der Expopharm stellten Unternehmen neueste Entwicklungen vor. / Foto: Adobe Stock/enriscapes
Die erste Firma, das Hillscheider Unternehmen Wepa stellte WLAN-fähige Nahinfrarot-Spektroskopie-Geräte (NIR-Geräte) vor, die der Identitätsprüfung von Feststoffen, halbfesten Stoffen und Flüssigkeiten dienen. Ein solches Gerät generiert innerhalb von wenigen Sekunden ein Ergebnis, das man mit der Laborsoftware aufnehmen kann. Das NIR ist rechtskonform validiert, kostenlos, auch für Filialapotheken, und mobil.
Einige Nummern größer zeigten sich die DIN-konformen und vernetzten Kühlschränke des Unternehmens. WLAN-fähig und webbasiert speichern sie Daten, die in der Cloud abrufbar sind. Ein solcher Kühlschrank ist jederzeit von jedem WLAN-fähigen Gerät bedienbar. Mittlerweile können bestimmte Kühlschränke auch per Mail oder SMS darüber informieren, wenn eine Störung vorliegt. Gleich, wo man ist, kann man so das wertvolle Kühlgut kontrollieren. Alle Vorgänge lassen sich auch am Display zurückverfolgen und das Protokoll dazu ausdrucken. Das ist wichtig, möchte man etwas zum Großhandel zurücksenden. Die Bildschirme der im Anschluss vorgestellten Mischsysteme sind netzwerkfähig und lassen sich in die Software einbinden. Mit der Software LabXpert lassen sich Plausibilitätsprüfungen durchführen, es existiert jederzeit Zugriff auf DAC/NRF, und man kann das Protokoll der NIR ablegen. Neu ist die Möglichkeit, digital zu unterschreiben, informierte das Unternehmen. Mithilfe der Digitalisierungssoftware sei es möglich, alle Prozesse zu vernetzen und zu digitalisieren.
Ebenfalls ein NIR-Gerät stellte die Firma HiperScan mit dem Apo-Ident vor. Das aus Dresden stammende Unternehmen stellt das Gerät her, mit dem sich Ausgangsstoffe möglichst revisionssicher prüfen lassen. Im NIR-Bereich sei immer die Datenbank das Ausschlaggebende. Sie muss der Validität entsprechen. Das seien 5000 Seiten, die regelmäßig upgedatet werden, damit man im Apothekenalltag nur noch ein Knöpfchen drücken müsse. Das Spektrum der Substanz wird gemessen und mit der Datenbank verglichen, die HiperScan hinterlegt hat. Liege die Übereinstimmung bei 98 Prozent oder höher, dann passe das. Alle komplizierten organischen Stoffe lassen sich damit bestimmen, wie etwa auch Alkaloide und Antibiotika. Rein anorganische Substanzen eignen sich nicht für ein NIR, weil sie nicht schwingen. Die Messung dauert zwischen zwei und 15 Sekunden. Die Maske sei denkbar bedienerfreundlich gestaltet. Nach Eingabe von Hersteller, Charge und Verfall liege das fertige Prüfprotokoll vor.
Das Thema NIR beschäftigt DAC und NRF schon seit vielen Jahren, erklärte Dr. Michael Hörnig, Leiter des Prüflaboratoriums des DAC/NRF, einer Abteilung der Avoxa, der den Rezepturrundgang führte. »Was sich alle wünschen ist, dass DAC/NRF NIR offiziell aufnimmt als Methode oder in den Prüfvorschriften. Das Problem ist, dass es noch viele kleine Fallstricke gibt, die erst gelöst werden müssen«, so Hörnig. Diese würden jedoch immer weniger, so dass DAC/NRF die Methode oder Probe in annehmbarer Zeit veröffentlichen werde, damit man NIR wirklich einsetzen könne.
Die nächste im Rundgang besuchte Firma aus Halle an der Saale war vor der Wende eine Zentralstelle für die Herstellung in Ostdeutschland und ist eine der wenigen Firmen, die es geschafft hat, nach der Wende am Markt zu bleiben: PKH oder PK Halle. Die Marke des Unternehmens heißt Apomix. Das Unternehmen stellt Salbengrundlagen her, Konzentratverreibungen und auch andere Rezepturbestandteile wie Benzalkoniumchlorid. Das Sortiment ist in den letzten Jahren gewachsen, Fachapotheker beraten bei jedweden Fragen. Eine sehr häufig gestellte: Wenn eine Konzentratverreibung in drei Tagen abläuft, hat das Einfluss auf die Haltbarkeit der daraus herzustellenden Rezeptur? Die Antwort: Das Konzentrat lässt sich bis zum letzten Tag der Haltbarkeit verarbeiten, ohne dass das die Haltbarkeit einer Rezeptur beeinflusst.
Die Internetseite des DAC/NRF, dessen Stand als nächstes auf der Besucherliste stand, präsentiert sich mit einem neuen Aufbau. Aktualisierte Inhalte und der neue Aufbau berücksichtigen deutlich stärker als vorher den Arbeitsprozess in der Apotheke. Das Werk steht separat, sodass es online sofort auffindbar ist. Die Einteilung verläuft in einen Wissensbereich zum Recherchieren, wenn eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden soll, einen Prüfbereich, wo man für die Eingangsprüfung Informationen findet und dem Herstellbereich. Der Rezepturenfinder ist eine Datenbank mit über 2600 Rezepturen, auch freien Rezepturen, aber bewerteten Rezepturen, das heißt, DAC/NRF haben sie kommentiert, meist auf theoretischer Basis. Neu ist, dass man sofort erkennt, wie die Rezeptur bewertet ist. Dazu dient ein Ampelsystem. Ein grüner Punkt ist eine bewertete Rezeptur. Bei einem gelben Punkt ist eine Kommentierung nötig, hier muss vielleicht etwas verbessert werden. Rote Punkte signalisieren Bedenklichkeit, sie sind nicht kompatibel, aber wichtig, denn sie dienen bei einer Plausibilitätsprüfung als Argumentationsgrundlage für den Arzt. Darin findet man auch, warum es nicht funktioniert sowie verlinkt positive Rezepturen, also gute Vorschläge, die man dem Arzt machen kann. In der Übersicht lässt sich auch klar erkennen, um welche Darreichungsform es sich handelt. Auch die Rezepturhinweise sehen anders aus. Oben steht nach wie vor der Steckbrief für den Wirkstoff. Darunter befinden sich jetzt direkt Bezugsquellen mit Zugriff darauf, dann folgen die Angaben zur Stabilität, Prüfung und die einzelnen Darreichungsformen.
Bei pharma4you geht es derzeit auch um die elektronische Signatur im Programm. Derzeit laufen sogenannte Betatests in Apotheken, die sich dafür beworben hatten. Das Novum läuft mit Swisscom über das Handy und wird über die Handyfreigabe signiert. Derzeit ebenfalls in Arbeit: die Taxierung, die Preisberechnung von den Rezepturen. Auch hierzu wird es demnächst einen Betatest geben. Ein großes Thema, auch das Generieren der Hashcodes und die Warenwirtschaftsanbindung sind hier von Bedeutung.