Krank vor Angst |
Therapeut vermitteln, dass kleine Befindlichkeitsstörungen und auch gelegentliche Krankheiten normal sind und dass auch ein gesunder Körper nicht jeden Tag Höchstleistung erbringen kann. Phänomene wie Herzschlag, Schweißbildung oder Bewegungen des Verdauungsapparats sind völlig normal, und auf Reize wie Schlafentzug, Coffein oder Fehlhaltungen folgen meist unangenehme körperliche Reaktionen. Ein Ziel der Therapie besteht darin, dass die Betroffenen unklare Beschwerden anders wahrnehmen und alternative Erklärungen für sie finden. Dabei kommen auch Übungen zum Einsatz, zum Beispiel sollen sie sich einen Tag lang auf ein bestimmtes, von der Krankheitsangst nicht betroffenes Körperteil konzentrieren. In der Regel berichten sie hinterher, dass sie allmählich seltsame Empfindungen, Schmerzen oder auch nur ein unklares Kribbeln in dem Bereich wahrgenommen haben. Ein weiterer Schritt in der Therapie besteht darin, dass die Patienten ihr sicherheitssuchendes Verhalten ablegen, also nicht mehr ständig den eigenen Körper untersuchen oder wiederholte ärztliche Rückversicherungen verlangen. Erfolgreich ist eine Therapie, wenn Betroffene ihrem Körper wieder mehr vertrauen und für beobachtete Symptome wahrscheinlichere Erklärungen als eine schwere Erkrankung heranziehen.
Die PTA kann zudem raten, weniger im Internet zu recherchieren und über Sorgen lieber mal mit einem guten Freund oder dem Partner zu sprechen. Auch frische Luft, Sport und soziale Kontakte mit Menschen tun gut und lenken ab. Entspannungsmethoden können manchen Betroffenen helfen, bei anderen verschlimmern sie aber das Problem, da bei Übungen wie autogenem Training körperliche Funktionen und Regungen besonders intensiv wahrgenommen werden. Daher diese Verfahren am besten zunächst in Begleitung eines Therapeuten durchführen.
Völlig verschwinden wird die Krankheitsangst bei den meisten nie, und es besteht die Gefahr, dass sie bei neuen, unbekannten körperlichen Symptomen wieder aufflammt. Ziel bleibt jedoch, dass die Betroffenen die Angst weitgehend unter Kontrolle haben und ihr Leben wieder selbst bestimmt leben können. Zudem gilt es, zu akzeptieren, dass es eine Garantie auf Gesundheit nicht gibt und somit bei jedem Menschen das Lebensrisiko existiert, dass sich irgendwo im Körper eine (schwerere) Erkrankung entwickelt.
»In Maßen ist die Furcht vor Krankheit nicht schlimm, sondern sogar wichtig fürs Überleben«, so der Experte. Denn eine gesunde Angst bringt Menschen schließlich auch dazu, an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen, sich ausgewogen zu ernähren, in Bewegung zu bleiben und im Zweifelsfall den Arzt zu Rate zu ziehen.
In der Corona-Pandemie kann der Eindruck entstehen, dass bei einigen Menschen die Angst vor Keimen und die Furcht, sich zu infizieren, zugenommen hat. In starker Ausprägung spricht man von einer Ansteckungsphobie (Mysophobie). Betroffene meiden Situationen, in denen sie sich möglicherweise anstecken könnten. Kennzeichnend sind häufig auch Wasch- und Putzzwänge, die einige Menschen ritualhaft durchführen. Die Wohnung wird übertrieben sauber gehalten, Schmutz und die Vorstellung, dass überall Viren und Bakterien sind, erfüllen mit Ekel. Kommen sie mit Dreck oder möglicherweise kontaminierten Oberflächen in Kontakt, kann das sogar Panikattacken auslösen. Aus Angst vor Ansteckungen verlassen einige der Betroffenen nur noch selten das Haus und meiden es in der Öffentlichkeit, Dinge wie Haltegriffe, Handläufe von Treppengeländern oder Türgriffe zu berühren. Sogar öffentliche Sitze und Stühle möchten sie nicht nutzen, ebenso kann es Überwindung kosten, in einem fremden Bett, etwa im Hotel, zu übernachten. Die Störung schränkt auch die sozialen Kontakte ein. Das ständige Putzen, Desinfizieren und Waschen verbraucht große Mengen an Reinigungsmittel, schadet der Haut und verursacht hohe Kosten. Waschen und Putzen verschafft aber auch nur kurzfristig Erleichterung, dann kommt wieder das Gefühl auf, dass man selbst oder die Umgebung verunreinigt sei. Auch hier finden Betroffene am besten mit einer kognitiven Verhaltenstherapie in ein normales Leben zurück.