Laxanzien auch auf lange Sicht sicher |
Isabel Weinert |
13.11.2024 14:00 Uhr |
Eine chronische Verstopfung ist quälend und beginnt häufig bereits im Kleinkindalter. / © Adobe Stock/ johnalexandr
»Von zehn obstipierten Patienten muss man neun erklären, dass eine dauerhafte Laxanzieneinnahme das Mittel der Wahl ist«, begann Professor Dr. Ahmed Madisch, Centrum Gastroenterologie Bethanien in Frankfurt am Main, seinen Vortrag. Man müsse Patienten mit chronischer Verstopfung darüber aufklären, damit sie Laxanzien auch wirklich langfristig einnähmen. Für über 80 Prozent der Betroffenen verschwinden damit die Symptome, die die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen.
Der Mediziner führt täglich etliche Darmspiegelungen durch, auch bei Menschen mit chronischer Obstipation, – fast immer ohne Befund. Für Betroffene, bei denen eine Darmspiegelung ansteht, hatte er einen Tipp: Sie sollten bereits vier Tage vor dem Termin mit der Anwendung eines Laxans beginnen. Das steigere die Chance, dass die unangenehme Prozedur der Darmreinigung am Vortag der Untersuchung einmalig ausreiche. Ansonsten erlebe er sehr oft, dass Menschen mit Obstipation noch eine zweite Darmreinigung brauchen, weil die Untersuchung sonst nicht möglich ist.
Auch wenn einer chronischen Obstipation verschiedene Ursachen zugrunde liegen können, sei bei 80 Prozent der Betroffenen eine sogenannte funktionelle Obstipation oder ein Reizdarmsyndrom mit Obstipation der Grund. Keineswegs seien davon nur ältere Menschen betroffen. Vielmehr ziehe sich die Symptomatik durch alle Altersgruppen und beginne oft schon im Kleinkindalter. »Wir sehen bei einem großen Teil der Patienten, dass in der Darmwand naturgegeben zu wenige Ganglien vorhanden sind.« Dieser Mangel wirke sich lebenslang auf die Verdauungstätigkeit aus.
Laut der 2022 aktualisierten S2k-Leitlinie »Chronische Obstipation« tritt man der Verstopfung zunächst mit Allgemeinmaßnahmen entgegen, also mit Ballaststoffen. »Ich beginne damit bei unseren Patienten immer nach der Darmspiegelung, also wenn der Darm wirklich leer ist«, so Madisch. Denn einem akut obstipierten Menschen Ballaststoffe zu geben, sei nicht sinnvoll. Es gäbe Patienten, bei denen sich die Verstopfung durch die regelmäßige Einnahme von Ballaststoffen bessere, aber bei einem großen Teil sei das nicht ausreichend der Fall. »Bei einem sehr trägen Darm, der so wenig arbeitet, weil von Geburt an zu wenig Nervenzellen in der Darmwand vorhanden sind, schaden Ballaststoffe sogar«, so der Experte. Diese Patienten müssen auch in der Ernährung eher ballaststoffarm essen. Körperliche Aktivität sei zwar auf jeden Fall begleitend sinnvoll, jedoch nur selten ausschlaggebend für eine Besserung der Symptomatik.
Toilettentraining, ein weiterer Punkt der Leitlinie, sei wichtig: »Man muss sich wirklich zu festen Tageszeiten, am besten Morgens, genug Zeit nehmen, um in Ruhe auf Toilette zu gehen«. Ein weiterer Punkt ist das ausreichende Trinken. Allerdings zeige dieses nur einen Effekt, wenn ein Mensch ansonsten immer zu wenig trinke. Über die jedem Menschen empfohlenen eineinhalb bis zwei Liter hinaus bringe Flüssigkeit keinen zusätzlichen Effekt gegen Verstopfung.