Medikamente gut gekühlt |
Medikamente mit Eiweißen wie Insuline, die modernen Insulinanaloga und Biologicals sind kühlpflichtig. Auch Toxoid-Impfstoffe, inaktivierte Impfstoffe und einige Zytostatika zählen dazu. Für diese Medikamente braucht der Patient keine Kühlakkus, sollte sie aber unverzüglich nachhause bringen. Denn diese sogenannte Ambient-Ware toleriert kurzfristig Temperaturen über 15 °C. Deshalb lagert der Patient sein Insulin oder das Asthmamedikament Alvesco® oder andere Formoterol-haltige Dosieraerosole während des Gebrauches bei Raumtemperatur. Vorräte muss er jedoch immer im Kühlschrank aufbewahren. Genau umgekehrt verhält es sich zum Beispiel bei Antibiotika-Säften. Ist der süße Saft für die Kinder mit Wasser zubereitet, so gehört die Flasche in den Kühlschrank. Bitte das kräftige Aufschütteln bei Suspensionen vor Gebrauch nicht vergessen, denn im kalten Zustand gestaltet sich dies schwieriger.
Davon abzugrenzen sind die kühlkettenpflichtigen Medikamente wie Lebendimpfstoffe gegen Masern, Röteln oder Mumps. Auch Medikamente wie Prolia® gegen Osteoporose und viele andere humane Antikörper zählen dazu. Diese Eiweißstoffe tolerieren auch nicht für kurze Zeit die Abweichung von 2 bis 8 °C. Sie verbringen ihr gesamtes »Arzneileben« ohne Unterbrechung bei Kühlschranktemperaturen. Beim Transport im Isolierbehälter mit Kühlakkus ist das Medikament geschützt. Bei direktem Kontakt droht jedoch ein Einfrieren. Ein Stück dicke Pappe, die nicht verrutschen kann, verhindert das. Auch die Anlieferung über Nacht oder an den Wochenenden birgt Probleme. Es ist nicht bekannt, wie lange die Lieferboxen die erforderliche Temperatur sicher gewährleisten. Eine Untersuchung ergab beispielsweise, dass nur zwei von insgesamt sieben Bestellungen von kühlpflichtigen Medikamenten per Internet nach Erhalt eine Temperatur im vorgeschriebenen Bereich hatten.
Ein Datenlogger, ein mobiles batteriebetriebenes Temperaturmessgerät, sichert die Kühlkette, indem es die tatsächliche Temperatur in bestimmten Zeitabständen misst und dokumentiert. Dabei kann das Gerät entweder die Daten selbst speichern oder es schickt sie per Sender an einen Computer. So lässt sich nachverfolgen, ob Medikamente dauerhaft im richtigen Temperaturbereich lagen oder man sie verwerfen muss, wenn das nicht der Fall war. Bei Zweifeln an der Einhaltung der Kühlkette vom Großhandel zur Apotheke, zum Beispiel durch Überprüfung der Medikamente mit Hilfe eines Infrarotthermometers, kann anhand der Aufzeichnungen eine Entscheidung getroffen werden. Zeigt die beim Großhändler gespeicherte Temperaturkurve tatsächlich, dass der Korridor von 2 bis 8 °C verlassen wurde, so ist das Medikament zu verwerfen. Den Schaden trägt der Lieferant.
Auch die laut Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebene kontinuierliche Überprüfung von Kühlschränken ist damit problemlos umsetzbar und ersetzt die tägliche Dokumentation mit einem Min-Max-Thermometer. Für diesen Einsatz sollte das Messgerät kalibriert sein. Über einen USB-Anschluss landen die gemessenen Daten automatisch auf dem PC der Apotheke und sind bei jeder Revision verfügbar. Es gibt auch Kühlschränke mit integrierten Datenloggern, die einen Alarm auslösen oder sogar über das Wochenende eine SMS zum Apothekenleiter schicken. So sind die wertvollen Medikamente noch zu retten.
Am 22. Oktober 2019 traten Änderungen zur Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ein, die auch den Botendienst mit kühlpflichtigen Medikamenten betreffen. Der Gesetzgeber verlangt die kontinuierliche Dokumentation der Einhaltung der Kühlkette bis einschließlich der Abgabe an den Patienten. Konkret bedeutet dies, dass auch beim Botendienst die Temperaturlogger einzusetzen sind. Als Alternative eignen sich eventuell auch Aufkleber, die sich bei Abweichungen der Lager- oder Transporttemperatur verfärben.