Mehr Winterblues und Depressionen durch Corona |
Und Ängste, allgemeines Stressgefühl und Depressionen hätten in der Krise »signifikant zugenommen«, vor allem jüngere Menschen zwischen 20 und 50 Jahren seien betroffen. Warum? Möglicherweise litten sie besonders unter der Sorge um die Kinder, die Eltern oder den Arbeitsplatz - oder unter der Mehrfachbelastung, sich um Kinder und Eltern kümmern zu müssen. »Es ist zu vermuten, dass solche Belastungen insgesamt die Zahl depressiv Erkrankter ansteigen lassen.«
Der wohl wichtigste Auslöser einer Winterdepression ist Lichtmangel, gerade in der dunklen Jahreszeit nicht ganz einfach zu umgehen. Dieser wirke sich vor allem bei entsprechender Veranlagung aus, sagt Dietrich. Unabhängig vom Lichtmangel könnten weitere Faktoren zu Depressionen führen – ein gewisses genetisches Risiko, wenn man nicht gelernt habe, richtig mit Stress umzugehen, Einsamkeit, soziale Unsicherheit, auch Angst vor Ansteckung.
Und dass der soziale Rückzug in der Pandemie sich als krankmachender Faktor auswirkt – »das ist so«. Zumal Vereinsamung womöglich die »Grübelprozesse, die ein wichtiger Faktor bei Depressionen sind«, verstärkt, wie Jörg Hermann vom Vorstand der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen sagt.
Andererseits gebe es auch Menschen, die es positiv fänden, mehr Zeit für sich zu haben. Wer aber ohnehin mit Vereinsamung zu kämpfen habe, sei stärker betroffen. Und wenn Ängste da seien, zögen Menschen sich zurück – das verstärke das Problem.
Bei Dunkelheit produziere der Körper Melatonin, das Schlafhormon, Helligkeit dagegen führe zu mehr Serotonin, dem Glückshormon. Entsprechend beeinflussten die Stoffe die Stimmung, sagt Schliewenz. Wobei man zwischen einer echten Winterdepression und dem sogenannten Winterblues bei sensiblen Menschen unterscheiden müsse, erklärt Dietrich.
Die Direktorin des Instituts für Sozialmedizin und Arbeitsmedizin der Universität Leipzig, Steffi Riedel-Heller, schreibt, dass vermutlich eher rezessionsbedingt mit einer Zunahme psychischer Störungen zu rechnen sei. Da kommt wieder die Angst vor dem Job-Verlust ins Spiel. Psychiater Ulrich Hegerl als Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe macht klar, dass Depression eine schwere, oft lebensbedrohliche und behandlungsbedürftige Erkrankung sei.