Mit Kälte und Kompression gegen Polyneuropathie |
Juliane Brüggen |
30.05.2025 10:30 Uhr |
Kälte- und Kompressionstherapie konnten in einigen Studien die Häufigkeit und den Schweregrad der Neuropathien reduzieren, dabei liegen vor allem Daten zu Brustkrebspatientinnen unter Taxan-Therapie vor. Die Studienergebnisse seien untereinander nicht vergleichbar, betonen die Leitlinienautoren, da die Verfahren nicht standardisiert wurden. Auch aufgrund der geringen Fallzahlen bedürfe es weiterer multizentrischer randomisierter Studien. Ein Analogieschluss bezüglich anderer Chemotherapien sei nicht »ohne weiteres« möglich, unter anderem, weil Chemotherapeutika auf unterschiedliche Weise neurotoxisch wirkten und periphere Maßnahmen nicht immer geeignet seien.
Beide Methoden verfolgen das Prinzip, die Blutgefäße in Händen und Füßen zu verengen, sodass das Chemotherapeutikum dort möglichst nicht aufgenommen wird. Bei einer Kryotherapie ziehen die Patienten Kühlhandschuhe und Kühlsocken an, die laut Leitlinie aufwendig vorbereitet und zudem während der Behandlung gewechselt werden müssen, um die niedrige Temperatur aufrecht zu erhalten. Üblicherweise werden die Handschuhe und Socken sowohl während der Chemotherapie getragen als auch 15 bis 30 Minuten davor und danach. Mögliche Nebenwirkungen sind Hautrötungen und -irritationen sowie Taubheitsgefühle und Kribbeln. Nicht alle Patienten hielten die Kälteanwendung aus.
Im Gegensatz zur Kältetherapie ist die Kompressionstherapie einfacher umsetzbar: Patienten tragen enganliegende chirurgische Handschuhe, die eine Nummer zu klein sind, sowie Kompressionstrümpfe. Bisher waren die Methoden in Studien gleichwertig, was die Verminderung der neuropathischen Beschwerden betraf.
Wie sieht es mit Empfehlungen in anderen Leitlinien aus? Diese hat der Krebsinformationsdienst zusammengetragen. Demnach erwähnt die deutsche S3-Leitlinie »Harnblasenkarzinom« (2025) die Handkühlung oder komprimierende Handschuhe als mögliche Option (»kann erwogen werden«), wenn Patienten eine potenziell neurotoxische Chemotherapie erhalten.
Die Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO, 2025) sieht einen begrenzten prophylaktischen Nutzen der beiden Verfahren und nennt sie ebenso wie das Funktionstraining als Kann-Empfehlung.
Die US-amerikanische ASCO-Leitlinie (2020) spricht den beiden Verfahren zur CIPN-Prophylaxe keine Empfehlung aus. Die europäischen Fachgesellschaften (ESMO, EONS, EANO) nennen sie in ihrer Leitlinie zu Chemotherapie-induzierter Neurotoxizität (2020) mit eingeschränktem Empfehlungsgrad (»can be considered«, Empfehlungsgrad II C für Kryotherapie beziehungsweise III C für Kompressionshandschuhe).
Quelle: S3-Leitlinie zur Supportivtherapie, 2025