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Rotaviren

Möglichst früh gegen Durchfall impfen

In der kalten Jahreszeit haben Durchfallerreger wie das Rotavirus wieder Hochsaison. Besonders in Kindertagesstätten sind die ansteckungsfreudigen Viren gefürchtet; Säuglingen und Kleinkindern macht eine Infektion besonders zu schaffen.
Caroline Wendt
15.12.2021  09:00 Uhr

Rotaviren sind hochansteckend. Nur zehn Viruspartikel reichen aus, um ein Kind zu infizieren. Zum Vergleich: Ein Gramm infektiöser Stuhl (weniger als ein Fingerhut) enthält eine bis zehn Milliarden Viren. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral besonders durch Schmierinfektion, aber auch durch kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel. Bei Erbrechen ist eventuell auch eine Ansteckung über Tröpfchen möglich. Auf Oberflächen können die Viren mehrere Tage überdauern. So ist es auch nicht ungewöhnlich, dass der Durchfallerreger in der ganzen Familie grassiert. Eine gute Hygiene, konsequentes Händewaschen nach Windel- und Toilettengang sowie für jedes Haushaltsmitglied ein eigenes Handtuch sind essenziell, um eine Ansteckung zu vermeiden.

Rotaviren sind die häufigste Ursache für virale Durchfallerkrankungen bei Kindern. Bis zu einem Alter von fünf Jahren haben fast aller Kinder eine Infektion durchgemacht. Im Vergleich zu anderen Durchfallerkrankungen verläuft diese Infektion bei Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren meist schwerer. Die Betroffenen erbrechen plötzlich und schwallartig, haben starke Bauchschmerzen und wässrige Durchfälle – oft mit Schleimbeimengung. Außerdem können respiratorische Symptome wie Halsschmerzen, Schnupfen oder Fieber dazu kommen. Eine gefürchtete Komplikation ist die Dehydratation, die eine stationäre Behandlung notwendig machen kann. Rotaviren sind für 50 Prozent der Krankenhauseinweisungen von Kindern mit Durchfall verantwortlich. Todesfälle sind in Deutschland äußerst selten.

Bei älteren Kindern und Erwachsenen verläuft eine Infektion meist milder, manchmal auch asymptomatisch. Durch vorangegangene Erkrankungen besteht eine gewisse Immunität, die jedoch nicht von Dauer ist. Jeder kann sich mehrmals in seinem Leben mit Rotaviren infizieren. In der Altersgruppe über 60 Jahre nimmt die Häufigkeit der Erkrankung wieder zu, 35 Prozent dieser Patientengruppe müssen ins Krankenhaus.

Geschluckt, geimpft

Um schwere Verläufe und Krankenhauseinweisungen bei Säuglingen und Kleinkindern zu verhindern, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI) seit Juli 2013 standardmäßig eine Impfung aller Säuglinge.

Hierfür sind zwei Schluckimpfungen mit stark abgeschwächtem Lebendimpfstoff erhältlich. RotaTeq® ist ein pentavalenter Impfstoff und enthält abgeschwächte Viruspartikel der fünf häufigsten RV-Genotypen. Rotarix® enthält nur einen Rotavirus-Stamm, der jedoch ebenfalls vor diesen fünf Genotypen und zwei weiteren Genotypen schützt. Die Impfungen bewahren einen jedoch nicht ein Leben lang vor einer Infektion, sondern etwa zwei bis drei Jahre. In klinischen Studien verhinderte eine RV-Impfung in den ersten beiden kritischen Lebensjahren mit einer Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent, dass die Kinder schwer erkranken und ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen.

Die Impfserie sollte möglichst früh (sechste bis 12. Lebenswoche) beginnen. Bei Rotarix® sind zwei und bei RotaTeq® drei Immunisierungen im Abstand von je vier Wochen nötig. Bis zu einem Alter von 16 Wochen (spätestens 24 Wochen) bei Rotarix® und 20 bis 22 Wochen (spätestens 32 Wochen) bei RotaTeq® sollte die Impfserie abgeschlossen sein. Die Vakzine können gleichzeitig mit anderen Immunisierungen im Säuglingsalter wie der hexavalenten Impfung gegeben werden.

Frühgeborene haben in den ersten zwei Lebensjahren ein besonders hohes Risiko, aufgrund einer Rotaviren-Infektion stationär behandelt werden zu müssen. Daher ist bei ihnen ein Impfschutz besonders wichtig. Die Babys können, sofern sie nach der 25. Schwangerschaftswoche (RotaTeq®) beziehungsweise 27. Schwangerschaftswoche (Rotarix®) geboren wurden, die Schluckimpfungen in gleicher Dosierung wie reifgeborene Säuglinge erhalten. Auch Frühchen sollen die erste Schluckimpfung bereits sechs Wochen nach der Geburt bekommen.

Impfstoff Merkmale Impfschema
RotaTeq® Lösung zum Einnehmen enthält abgeschwächte Rotaviren der fünf häufigsten RV-Genotypen drei Impfungen im Abstand von vier Wochen, erste Impfdosis in der 6. bis 12. Lebenswoche, letzte Impfdosis 20. bis 22. Lebenswoche (spätestens 32. Woche)
Rotarix® Suspension zum Einnehmen enthält einen abgeschwächten Rotavirus-Stamm, der vor insgesamt sieben RV-Genotypen schützt zwei Impfungen im Abstand von je vier Wochen, erste Impfdosis in der 6. bis 12. Lebenswoche, letzte Impfdosis 16. Lebenswoche (spätestens 24. Woche)
Die Schluckimpfungen enthalten lebend attenuierte Rotaviren und schützen vor den häufigsten RV-Genotypen.

Besonderheiten

Für gewöhnlich ist das Nuckeln an einem Schnuller oder Stillen ein probates Mittel, für Säuglinge eine entspannte Impfatmosphäre zu schaffen. Nicht so bei der Schluckimpfung gegen die Rotaviren. Bei einem Lebendimpfstoff wie der Rotaviren-Impfung können IgA-Antikörper aus der Muttermilch jedoch zu einer verminderten Wirksamkeit des Vakzins führen. Sie neutralisieren die Viren, indem sie an deren Oberfläche binden und den Eintritt in die Wirtszelle verhindern. Auch wenn dieser Effekt nicht einwandfrei belegt werden konnte, ist es ratsam – sofern der Stillrhythmus es zulässt – eine Stunde vor und eine Stunde nach der Impfung nicht zu stillen und so das direkte Zusammentreffen von Muttermilch und Vakzin zu verhindern. Die RKI-Experten weisen jedoch explizit darauf hin, dass aufgrund einer Rotavirus-Impfung nicht auf das Stillen verzichtet werden sollte.

Sollen Kinder an einem Tag mehrere Impfungen erhalten, ist es sinnvoll, die Rotaviren-Impfung zuerst zu geben. Die Schluckimpfung enthält Saccharose und schmeckt dadurch süß. Das wirkt schmerzreduzierend und kann daher eine darauffolgende Spritze erträglicher für die Kleinen machen.

Eingestülpter Darm

Insgesamt ist die Impfung gut verträglich. Innerhalb der ersten Woche nach der ersten RV-Impfung kann allerdings eine sehr seltene Nebenwirkung auftreten. Es besteht möglichweise ein geringfügig erhöhtes Risiko, dass es zu einer sogenannten Darm-Invagination kommt. Hierbei stülpt sich ein oberer Darmabschnitt in einen darunterliegenden und der Darm schiebt sich an dieser Stelle teleskopartig zusammen.

Jedoch: Unabhängig von einer Impfung zeigen innerhalb des ersten Lebensjahres in Deutschland etwa 60 bis 100 von 100.000 Kindern das Beschwerdebild dieser Darm-Invagination Das Risiko, dass es nach einer Impfung gegen die Rotaviren zu einer Darmumstülpung kommt, wird mit zusätzlichen ein bis zwei Fällen pro 100.000 geimpfter Kinder angegeben.

Nach der ersten Impfung sollten Eltern daher verstärkt auf folgende Symptome achten. Schreien die Kinder schrill, haben starke Bauchschmerzen, anhaltendes Erbrechen oder blutige Stühle, ist umgehend der Kinderarzt aufzusuchen. Kinder, die eine Neigung zu Invaginationen haben, sollten die Impfung nicht erhalten. Je älter die Babys zu Beginn der Impfserie sind, desto wahrscheinlicher kann diese gefährliche Nebenwirkung auftreten. Deshalb gilt auch aus diesem Grund: möglichst frühzeitig impfen.

Die RV-Impfstoffe enthalten lebende, vermehrungsfähige Viren. Sie sind jedoch so abgeschwächt (attenuiert), dass sie keine Krankheitssymptome mehr auslösen. Als Schluckimpfung verabreicht ahmen die Impfviren den natürlichen Infektionsweg nach. Am Ende werden sie mit dem Stuhl ausgeschieden. Sie können auf andere Menschen übertragen werden, lösen jedoch keine Erkrankung aus.

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