Mundgeruch ist manchmal ein Warnsignal |
Caroline Wendt |
17.01.2025 14:30 Uhr |
Von Mundgeruch Betroffene riechen den eigenen schlechten Atem meistens nicht. / © Getty Images/Moyo Studio
Oft verschwindet Mundgeruch nach einiger Zeit von allein wieder, zum Beispiel nach dem Verzehr von bestimmten Nahrungs- oder Genussmittel wie Zwiebeln, Knoblauch, Kaffee oder Nikotin. Aber etwa 25 Prozent der Deutschen leiden dauerhaft unter Mundgeruch, auch Halitosis genannt. Der Grund dafür ist meist in der Mundhöhle zu finden. Hier leben über 300 verschiedene Bakterienarten. Einige setzen beim Abbau von Speiseresten, besonders von eiweißreicher Nahrung, und abgestorbenen Schleimhautzellen übelriechende Schwefelverbindungen frei. Diese Fäulnisbakterien brauchen keinen Sauerstoff und finden in den Nischen der Mundhöhle ideale Lebensbedingungen. Normalerweise ist die Zersetzungsfähigkeit dieser Bakterien gering. Gibt es jedoch ein Überangebot an Nahrung, wie bei einer unzureichenden Mundhygiene, können sie sich stark vermehren und der Geruch wird wahrnehmbar.
Haben Patienten nachhaltig Probleme mit Mundgeruch, sollten PTA und Apotheker ihnen raten, einen Zahnarzt aufzusuchen und auf eine gute Mundhygiene zu achten, die neben regelmäßigem Zähneputzen auch den Gebrauch von Zahnseide und Interdentalbürsten beinhaltet. Ein sogenannter Zungenschaber kann ebenfalls helfen, informiert die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro) auf ihrer Internetseite. Denn in den zahlreichen Vertiefungen (Krypten) auf der Zungenoberfläche verstecken sich etwa 60 bis 80 Prozent der geruchsbildenden Bakterien.
Zusätzlich gehört eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung dazu, um feste bakterielle Zahnbeläge zu entfernen, die das Zahnfleisch (Gingivitis) oder den Zahnhalteapparat (Parodontitis) entzünden können. Unbehandelt können sich sonst Zahnfleischtaschen bilden, in denen Bakterien einen idealen Lebensraum vorfinden. Laut DG Paro belegen mehrere Studien den Zusammenhang der Anzahl von Zahnfleischtaschen mit der Stärke des Mundgeruchs. Auch offene kariöse Stellen müssen behandelt, undichte Füllungen sowie schadhafte Kronen ersetzt werden. Sie schaden nicht nur der Mundhygiene, sondern können Mundgeruch verursachen.
Mit höherem Alter steigt laut der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) der Anteil der Menschen an, die unter übelriechendem Atem leiden. Demnach ist bei den Über-60-Jährigen jeder Zweite betroffen. In dieser Altersgruppe haben viele bereits sanierte Zähne oder Zahnersatz, was die Angriffsfläche für die Bakterien erhöht. Zudem leiden viele ältere Patienten unter Mundtrockenheit. Der Speichel reinigt normalerweise den Mund und wirkt so der Bakterienvermehrung entgegen. Neben Senioren haben beispielsweise auch Menschen, die zu wenig trinken, Raucher oder Diabetiker oft zu wenig Spucke. Darüber hinaus können einige Arzneimittel, wie Anticholinergika, Antidepressiva oder Metoprolol, Mundtrockenheit als Nebenwirkung verursachen.
Kaugummikauen verstärkt nur kurzfristig – also während des Kauens – die Speichelproduktion. Wer nachhaltig mehr Spucke haben möchte, sollte auf seine Ernährung achten. So können beispielsweise Zitrusfrüchte sowie eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse die Produktion des Speichels fördern. Des Weiteren können feuchtigkeitsspendende Mundgele oder -sprays (zum Beispiel aldiamed Mundspray – Speichelergänzung oder Gum® Hydral™ Feuchtigkeitsgel) helfen.
Und warum riecht der Atem morgens oft so schlecht? Auch das hat etwas mit dem Speichelfluss zu tun, denn dieser nimmt nachts während des Schlafens ab. Nach einem Schluck Wasser oder dem Zähneputzen ist der Geruch in der Regel aber wieder verschwunden.
Zahlreiche Mundwässer versprechen einen frischen Atem. Doch lohnt es sich, hier genau hinzuschauen. Denn nur sogenannte medizinische Mundwässer müssen ihren Nutzen nachweisen. Diese enthalten meistens das antibakteriell wirksame Chlorhexidin (zum Beispiel Chlorhexamed® Forte oder Meridol® med CHX 0,2%). Hier sollte das Apothekenteam bei der Beratung darauf hinweisen, dass sich die Zähne, eine Prothese und die Zunge verfärben können. Die Anwendung sollte nur kurzfristig und in Ergänzung zu einer Behandlung beim Zahnarzt erfolgen. Zudem kann es sein, dass nach längerem Gebrauch die Patienten weniger schmecken, was nach Absetzen des Präparats jedoch reversibel ist. In Mundwasser enthaltene Zinkverbindungen (beispielsweise in CB 12 Mundwasser) können geruchsbildende Substanzen neutralisieren.
Einige Mundwässer enthalten Alkohol, der unter anderem desinfizierend wirken soll. Eine belgische Studie kam im Juni 2024 zu dem Ergebnis, dass der enthaltene Ethanol dem oralen Mikrobiom schaden kann. In einer randomisierten, kontrollierten, doppelblinden Crossover-Studie untersuchten die Wissenschaftler die bakterielle Besiedlung der Mundhöhlen von 59 Probanden. Diese nutzten drei Monate lang täglich entweder eine alkoholhaltige Mundspülung oder eine Placebolösung und wechselten anschließend die Behandlung.
Im Fachjournal »Journal of Medical Microbiology« berichteten die Forscher, dass sich bei der Verwendung des alkoholhaltigen Mundwassers vor allem zwei Bakterienarten vermehrt hatten: Fusobacterium nucleatum, welches Parodontose fördert und im Zahnbelag enthalten ist, und Streptococcus anginosus. Letzteres besiedelt generell die oberen Atemwege und verursacht neben Parodontose auch Karies oder Abszesse. Zudem sei es vermehrt bei Patienten mit Magen- oder Speiseröhrenkrebs zu finden.
Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass die regelmäßige Anwendung solcher Mundwässer nicht zur Abtötung krankmachender Bakterien beiträgt, sondern im Gegenteil deren Vermehrung fördert. Weitere Untersuchungen seien jedoch erforderlich, um diesen Zusammenhang eindeutig zu bestätigen.
Findet der Zahnarzt im Mund keinen Grund für anhaltenden Mundgeruch, müssen andere Experten auf die Suche gehen. So kann der Hals-Nasen-Ohren-Arzt untersuchen, ob die Ursache beispielsweise eine chronische Nasennebenhöhlen-Entzündung oder eine Erkrankung der Rachenmandeln ist. Weitere mögliche Ursachen sind Nasenpolypen oder eine sogenannte Stinknase. Letztere kann unter anderem durch den übermäßigen Gebrauch von abschwellenden Nasensprays entstehen.
Ein Hausarzt oder Internist kann überprüfen, ob der Mundgeruch von einer Erkrankung anderer Organe verursacht wird. So können beispielsweise eine chronische Bronchitis oder eine Lungenentzündung zu Mundgeruch führen. Oder der Geruch kommt aus dem Gastro-Intestinal-Trakt: Dann sind Speiseröhrendivertikel, Magenschleimhautentzündung oder Sodbrennen mögliche Auslöser.
Manchmal kann auch der Geruch selbst schon ein Indiz sein, welche Erkrankung vorliegt. So weist beispielsweise ein süßlicher, nach Aceton riechender Atem auf eine lang anhaltende diabetische Ketoazidose und damit auf Diabetes hin. Bei schwerem, akutem oder chronischem Nierenversagen riecht die Atemluft mitunter nach Urin. Hier gelangen Substanzen, die normalerweise über die Niere ausgeschieden werden, über das Blut in die Lunge und können ausgeatmet werden. Patienten mit Leberversagen können einen süßlich-modrigen Mundgeruch haben. Selten kann auch ein Tumor, beispielsweise im Mund-, Rachen- oder Nasenraum sowie im Gastro-Intestinal-Trakt, die Ursache für den schlechten Atem sein.