Mundtrockenheit und was dagegen hilft |
Je mehr Arzneimittel eingenommen werden, desto höher wird das potenzielle Risiko für trockene Mundschleimhaut. / © Getty Images/eclipse_images
Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die die Speicheldrüsen versiegen lassen. So legen Bestrahlungen bei Krebserkrankungen im Kopf-Hals-Bereich die Speicheldrüsen regelrecht trocken, genauso aber auch Stress, Diabetes oder Mumps. Und eine spezielle Rheumaart, die Autoimmunerkrankung Sjögren-Syndrom, beeinflusst sowohl die Speichel- als auch die Tränendrüsen.
Die häufigste Ursache der Xerostomie, wie Fachleute die Mundtrockenheit nennen, sind jedoch Medikamente. In der Tat ist ein trockener Mund bei mehr als 400 Arzneistoffen als Nebenwirkung bekannt. Werden Arzneimittel mit anticholinerger Haupt- oder Nebenwirkung miteinander kombiniert, addiert sich gar die anticholinerge Last und der Speichelfluss nimmt merklich ab. Kommt dann noch eine altersbedingte Reduktion der Speichelmenge hinzu, wird das Trockenheitsgefühl oft unerträglich.
Anticholinerge Wirkstoffe antagonisieren durch kompetitive Hemmung die Acetylcholin-vermittelte Erregungsübertragung an muskarinergen Cholinrezeptoren, greifen damit in die Funktionen des vegetativen Nervensystems ein und lösen eine parasympatholytische Wirkung am Erfolgsorgan aus.
Es gibt fünf Subtypen von muskarinergen Rezeptoren (M1 bis M5). Ihre Verteilung variiert von Organ zu Organ. Anticholinerge Wirkstoffe haben unterschiedliche Bindungsaffinitäten für diese Subtypen. Da Muskarin-Rezeptoren in vielen pathophysiologischen Prozessen eine Rolle spielen, werden anticholinerge Wirkstoffe vielfältig therapeutisch eingesetzt, etwa bei Harninkontinenz, Morbus Parkinson oder Magen-Darm-Krämpfen. Neben den erwünschten Wirkungen können anticholinerge Effekte allerdings auch unerwünscht sein, wie eben die Mundtrockenheit.
Eine besonders hohe anticholinerge Last haben Psychopharmaka wie Amitriptylin, Doxepin oder Venlafaxin, Antihypertonika wie Clonidin (übrigens auch in Glaukom-Augentropfen) und Moxonidin, Antihistaminika wie Diphenhydramin oder Dimetinden, Urologika und Chemotherapeutika. Durch periphere Rezeptorblockade bewirken Anticholinergika eine sehr starke Mundtrockenheit. Trizyklische Antidepressiva hemmen die Speichelsekretion durch zentrale Inaktivierung der Acetylcholin-Rezeptoren.
Die resultierenden Schluckbeschwerden erschweren Sprechen, Schlucken und die Aufnahme fester Stoffe. Die schlechtere Löslichkeit von Geschmacksstoffen verringert gar den Appetit und die Nährstoffbilanz. Auch die Therapieadhärenz kann tangiert sein. Werden Tabletten nicht mit genügend Flüssigkeit eingenommen, können sie an der Schleimhaut der Speiseröhre anhaften und Erosionen auslösen. Zudem tritt die Wirkung verzögert ein. Deshalb ist es für Patienten mit Mundtrockenheit besonders wichtig, dass Arzneimittel möglichst leicht zu schlucken sind. Tipp: Es kann helfen, den Mund vorher mit Wasser zu befeuchten.