Muskelaufbau mit Nebenwirkungen |
Auch für nicht therapeutische Zwecke besteht Interesse an den Substanzen. Leistungssteigernde Medikamente wie exogenes Testosteron einzunehmen, ist in einigen Sportarten wie Bodybuilding verbreitet. Die Einnahme von Steroiden bietet zwar Vorteile wie eine Zunahme der Muskelmasse und -kraft, ist jedoch mit einer hohen Rate an unerwünschten Wirkungen verbunden. Dazu zählen unter anderem Hodenatrophie, Erythrozytose, Dyslipidämie, Gynäkomastie, Hepatotoxizität und bei Frauen Virilisierung und uterine Hyperproliferation.
Die Nebenwirkungen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass exogen zugeführtes Testosteron Androgenrezeptoren in verschiedenen Geweben und nicht nur an den gewünschten Orten aktiviert. Weiterhin fehlt für Testosteron derzeit eine hochwirksame orale Formulierung. Konsumenten müssen die Wirkstoffe spritzen oder als Gel anwenden. Diese Nachteile könnten einige Athleten davon abgehalten haben, es durch Stoffkonsum zu beschleunigen, die körperlichen Ziele zu erreichen. Mit SARMs könnten die Hemmungen fallen. Sie werden oral eingenommen und sollen den Androgenrezeptor in Nichtzielgewebe weniger stark aktivieren. Das Missbrauchspotenzial der Substanzen hat die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) veranlasst, mehrere SARM auf die Verbotsliste zu setzen.
Obwohl sie bislang nicht als Arzneimittel zugelassen und in Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) verboten sind, können SARM online in Form von NEM erworben werden. Dies ist derzeit weder in Europa noch in den USA legal. Die Werbeaussagen mögen für so manchen Sportler verlockend klingen. Laut der Texte auf den Internetseiten sollen SARM zu einem schnelleren Fettverlust führen, Muskeln schneller wachsen lassen und die sportliche Leistungsfähigkeit und Ausdauer erhöhen. Weiterhin sollen die Wundermittel den Stoffwechsel ankurbeln, den Knochenaufbau unterstützen und sogar die sexuelle Ausdauer fördern.
Zugutehalten kann man einigen Herstellern allerdings, dass sie zumindest den Hinweis geben, vor der Anwendung einen Arzt zu fragen. Die Aufmachung der Produkte erweckt dennoch meist den Eindruck, dass sie sicher seien. Die Hersteller leiten aus der Wirkung der SARM ab, dass diese nebenwirkungsfrei wären. Dies ist allerdings höchstens in der Theorie der Fall. Tatsächlich ist das Spektrum an unerwünschten Wirkungen noch längst nicht ausreichend erforscht. SARM sind definitiv keine nebenwirkungsfreie Steroidalternative und sie können kein Bestandteil von NEM sein.
Das geht schon aus der Definition von NEM hervor. Gemäß der EU-Richtlinie 2002/46/EG sind NEM definiert als »Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen«. Unter Nährstoffen sind Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente, zu verstehen. Zu den sonstigen Stoffen zählen zum Beispiel Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Ballaststoffe und verschiedene Pflanzen- und Kräuterextrakte. Weiterhin ist per Definition festgelegt, dass NEM keine Arzneimittel sind und keine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung haben. Für NEM mit SARM fehlt damit eine gesetzliche Grundlage.