Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel? |
Juliane Brüggen |
07.10.2021 11:00 Uhr |
Ein Beispiel für das Aufeinandertreffen von Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel ist Vitamin D3 (Colecalciferol). Als Arzneimittel ist das Vitamin verschreibungspflichtig, wenn eine Tagesdosis von 1000 I.E. überschritten wird. Die Apothekenpflicht gilt wiederum für Vitamin-D-Arzneimittel, deren Tagesdosis über 400 I.E. liegt, niedriger dosierte Arzneimittel sind frei verkäuflich. Anders stellt sich die Situation dar, wenn Colecalciferol als Nahrungsergänzungsmittel verkauft wird. Hier gibt es keine verbindlich festgelegten Höchstmengen oder Begrenzungen der Tagesdosis, was zur Folge hat, dass beispielsweise ein Vitamin-D-Nahrungsergänzungsmittel mit einer Tagesdosis von 2000 I.E. im Verkehr sein kann. Als Lebensmittel sind die Präparate grundsätzlich frei verkäuflich, also zum Beispiel auch in Drogerien erhältlich.
Ein weiteres Beispiel ist Cannabidiol (CBD), ein Stoff aus der Hanfpflanze, der nicht psychoaktiv ist. In Deutschland ist Cannabidiol als Arzneimittel verschreibungspflichtig und wird als zugelassenes Fertigarzneimittel unter anderem zur Behandlung bestimmter Epilepsie-Formen bei Kindern eingesetzt. Seit einigen Jahren ist Cannabidiol parallel vermehrt als Nahrungsergänzungsmittel in Erscheinung getreten, zum Beispiel in CBD-Ölen zum Einnehmen. Die rechtliche Situation war anfänglich unklar.
Mittlerweile ist bekannt, dass Cannabidiol in Nahrungsergänzungsmitteln als zulassungspflichtiges neuartiges Lebensmittel gilt. Die Prüfung entsprechender Zulassungsanträge hatte die Europäische Kommission zunächst ausgesetzt, da geklärt werden musste, ob CBD als Suchtstoff eingestuft wird. Mit seinem Urteil vom 19. November 2020 stellte der Europäische Gerichtshof jedoch fest, dass dies nicht der Fall ist. Somit wurde die Prüfung der Anträge, CBD-Produkte als neuartiges Lebensmittel zuzulassen, wieder aufgenommen. Ein abschließendes Ergebnis gibt es noch nicht, die endgültige Entscheidung ist somit abzuwarten. Bis dahin ist Cannabidiol in Lebensmitteln, und damit auch in Nahrungsergänzungsmitteln, nach Auffassung des BVL nicht verkehrsfähig. Zuständig für die Entscheidung, ob die CBD-Produkte verkehrsfähig sind oder nicht, sind aber letztendlich die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer.
Nahrungsergänzungsmittel | Arzneimittel |
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Ergänzung der Ernährung von gesunden Personen | Heilung, Linderung, Verhütung oder Erkennen von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden oder Beeinflussung der Beschaffenheit, des Zustands oder der Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände |
Ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung | Pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung |
Lebensmittelrecht | Arzneimittelrecht |
Werden beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) angezeigt | Werden durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die Europäische Kommission zugelassen |
Kein Nachweis der Wirksamkeit oder Sicherheit, Hersteller verantwortet die Sicherheit | Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit durch klinische Studien erforderlich |
Auf der Packung angegebene Menge kann bis zu 50 Prozent von der tatsächlich im Produkt enthaltenen Menge abweichen | Auf der Packung angegebene Menge darf maximal um fünf Prozent von der tatsächlichen Dosierung der Wirkstoffe abweichen |
Keine Höchstmengen für Inhaltsstoffe (außer technologische Zusatzstoffe)* | Dosierung und Inhaltsstoffe im Zulassungsverfahren geprüft und festgelegt |