Natriumgehalt in Brausetabletten oft zu hoch |
Bei den apothekenpflichtigen Arzneimitteln zeigte sich eine ähnlich große Bandbreite von 3 bis 29 Prozent der empfohlenen täglichen Zufuhr. Der Median über alle Produktgruppen lag bei 157 mg. Dabei enthielten Schmerz- und Erkältungsmittel wie beispielsweise Aspirin® Migräne (544 mg), Aspirin® Plus C (466 mg) und Paracetamol Ratiopharm® 500 (416 mg) am meisten Natrium pro BTA, was schon ein Viertel der Höchstzufuhr ausmacht. Doch im Krankheitsfall bleibt es im Allgemeinen nicht bei einer Tablette pro Tag. Legt man die jeweils zugelassene tägliche Höchstdosis zugrunde, kann sich die Natriumzufuhr auf bis zu 3333 mg – entsprechend 167 Prozent der von der WHO empfohlenen täglichen Menge – addieren.
Etwas weniger Natrium ist in Hustenmitteln mit Ambroxol und N-Acetylcystein (NAC) enthalten. Der Median liegt bei 138 mg mit einer Bandbreite von 112 bis 158 mg. Da die Brausetabletten mit 200 mg NAC nicht wesentlich weniger Natrium enthalten als diejenigen mit 600 mg, enthalten drei Brausetabletten mit 200 mg NAC schon fast ein Drittel der täglich akzeptablen Natriummenge, beispielsweise bei NAC Ratiopharm® 200. Der Hersteller Hexal kommt hier mit etwa der Hälfte aus.
Ein weiteres Präparat fiel in der Liste der untersuchten Arzneimittel auf: Das als Einschlafmittel angewendete Gittalun® mit dem Wirkstoff Doxylamin enthielt schon in einer BTA mit 575 mg Natrium mehr als ein Viertel der empfohlenen Maximalzufuhr (29 Prozent). Als Tageshöchstmenge dürfen zwei BTA eingenommen werden.
Vergleichsweise wenig Natrium enthalten BTA mit Calcium und Vitamin D. Der Median liegt hier bei 87 mg bei einer Bandbreite von 52 bis 103 mg. Zwischen den NEM mit Calcium und den OTC-Produkten mit Calcium und Vitamin D gab es keine signifikanten Unterschiede. Die Unterschiede zwischen den Produktgruppen erklären die Studienautoren mit den unterschiedlichen CO2-abhängigen Löslichkeiten der Inhaltsstoffe.
Nach Angaben des Dienstleisters Insight Health wurden im Jahr 2021 in deutschen Apotheken fast vier Millionen Packungen der untersuchten Schmerz- und Erkältungsmittel und 5,3 Millionen Packungen der Schleimlöser-BTA verkauft. Kritischer als die kurzfristige Einnahme von Brausetabletten über fünf bis sieben Tage bewerten die Studienautoren die tägliche, jahrelange Einnahme von NEM oder OTC-Brausetabletten.
Eine der Limitationen der Studie ist laut Aussage der Autoren, dass sie zwar Einsichten in die Natriumgehalte von NEM und Medikamenten bietet, aber nicht die Beziehung zwischen der Einnahme der Produkte und kardiovaskulären Endpunkten untersucht. Die hier untersuchten Produkte enthielten jedoch vergleichbare Natriummengen wie diejenigen, die in Studien eingesetzt wurden, die die kardiovaskulären Risiken mit der Natriumaufnahme durch BTA in Verbindung brachten. Beispielsweise zeigte eine Studie mit Paracetamol-BTA, die 545 mg Natrium enthielten, dass dieses für einen um 5 mm Hg erhöhten systolischen Blutdruck verantwortlich war. Eine weitere Studie zeigte eine Assoziation von Paracetamol-BTA (390 bis 440 mg Natrium pro BTA) mit einem erhöhten Risiko für eine Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzversagen und eine erhöhte Mortalität unter Patienten mit und ohne Bluthochdruck.
Die Autoren schreiben, dass die Behörden eine entsprechende Produkt-Kennzeichnung vor der Markteinführung verlangen sollten. Risikopatienten sollte geraten werden, den Konsum von BTA zu reduzieren, um die Aufnahme von verstecktem Natrium gering zu halten. Sie könnten stattdessen normale Tabletten mit demselben Wirkstoff einnehmen. Schließlich schlagen die Autoren vor, dass die Hersteller den Natriumgehalt in ihren BTA reduzieren sollten.