Neu im April: Etrasimod und Abaloparatid |
Sven Siebenand |
17.04.2024 12:00 Uhr |
Bei Colitis ulcerosa sind Schleimhautschichten des Dickdarms chronisch entzündet. Es treten Symptome wie Bauchschmerzen, Diarrhö, Blutbeimengungen im Stuhl und wässrige Stühle auf. Mit Etrasimod gibt es nun eine neue Behandlungsmöglichkeit. / Foto: Adobe Stock/angelov
Etrasimod ist im Präparat Velsipity® Filmtabletten von Pfizer enthalten und darf ab einem Alter von 16 Jahren bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver CU, die auf eine konventionelle Therapie oder ein Biologikum unzureichend oder gar nicht angesprochen haben oder diese nicht vertragen, zum Einsatz kommen.
Der Wirkmechanismus von Etrasimod ist nicht neu. Es handelt sich um einen weiteren Sphingosin-1-Phosphat-(S1P-)Rezeptor-Modulator. Auch das ebenfalls bei CU zugelassene Ozanimod gehört in diese Klasse. S1P-Rezeptormodulatoren blockieren partiell und reversibel die Austrittsfähigkeit der Lymphozyten aus den lymphatischen Organen und senken so die Anzahl der Lymphozyten im Blut und die Zahl der aktivierten Lymphozyten im Gewebe. Laut der Fachinformation von Velsipity ist der Mechanismus, durch den Etrasimod therapeutische Wirkungen bei CU erzielt, nicht genau bekannt. Er könnte aber mit der verringerten Migration von Lymphozyten in Entzündungsherde zusammenhängen.
Die empfohlene Dosierung von Etrasimod ist einmal täglich 2 mg. Zu Beginn der Behandlung kann das Medikament vorübergehend eine langsamere Herzfrequenz oder Herzrhythmusstörungen verursachen, die zu Schwindel oder Müdigkeit führen können. Um das Risiko solcher Nebenwirkungen zu verringern, sollten Patienten Etrasimod an den ersten drei Behandlungstagen zusammen mit Nahrung einnehmen. Danach können sie die tägliche Filmtablette mit oder ohne Nahrung schlucken. Bei einer Unterbrechung der Behandlung für sieben oder mehr aufeinanderfolgende Tage wird empfohlen, bei Wiederaufnahme der Behandlung die ersten drei Dosen wieder mit Nahrung einzunehmen.
Sehr häufig tritt unter Etrasimod eine Lymphopenie auf, häufig sind zum Beispiel Kopfschmerzen. Einige Kontraindikationen des neuen Medikaments müssen beachtet werden: So darf Velsipity nicht bei Immunschwäche, bei Patienten mit einer schweren aktiven Infektion oder einer langfristigen aktiven Infektion wie Hepatitis oder Tuberkulose, bei Patienten mit Krebs oder schweren Leberproblemen angewendet werden. Ebenfalls ist es tabu bei Patienten, die an bestimmten Erkrankungen leiden oder gelitten haben, die den Herzrhythmus beeinflussen, es sei denn, sie verfügen über einen funktionierenden Herzschrittmacher. Ferner ist Etrasimod kontraindiziert bei Patienten, die in den vergangenen sechs Monaten an bestimmten Erkrankungen des Herzens und der Blutgefäße oder unter Problemen mit der Blutversorgung des Gehirns litten. Das Arzneimittel darf zudem nicht bei Frauen angewendet werden, die schwanger sind oder schwanger werden können und keine wirksame Form der Empfängnisverhütung anwenden. Auch in der Stillzeit darf das neue Medikament nicht angewendet werden.
Vor Beginn der Behandlung mit Etrasimod sollte ein Arzt bei allen Patienten ein Elektrokardiogramm (EKG) erstellen, um vorbestehende Herzanomalien festzustellen. Bei Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen wird eine Überwachung der ersten Dosis empfohlen. Vorsicht ist laut Fachinformation geboten, wenn Etrasimod bei Patienten zum Einsatz kommt, die auch einen Betablocker erhalten, da es möglicherweise zu additiven Wirkungen bei der Senkung der Herzfrequenz kommt. Vorsicht ist auch geboten, wenn Patienten Calciumkanalblocker, QT-verlängernde Arzneimittel oder Antiarrhythmika der Klassen Ia und III erhalten, da die gleichzeitige Verabreichung dieser Substanzen mit Etrasimod zu additiven Wirkungen führen kann.
Etrasimod kann die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen. Vor Beginn der Behandlung sollte der Arzt deshalb ein großes Blutbild, einschließlich der Lymphozytenzahl, erstellen. Auch während der Behandlung sollte regelmäßig ein großes Blutbild erstellt werden. Entwickelt ein Patient eine schwerwiegende Infektion, sollte der Arzt in Betracht ziehen, Etrasimod vorübergehend abzusetzen.
Impfungen können unter Etrasimod weniger wirksam sein. Wenn Impfungen mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen erforderlich sind, sollten diese mindestens vier Wochen vor Beginn der Behandlung mit dem S1P-Rezeptormodulator verabreicht werden. Während und im Zeitraum von mindestens zwei Wochen nach der Behandlung mit Etrasimod sollten diese Impfstoffe vermieden werden.
Etrasimod sollte nicht zusammen mit einem therapeutischen Wirkstoff oder einer Kombination von Wirkstoffen verabreicht werden, die mäßige bis starke Inhibitoren oder Induktoren von zwei oder mehr der CYP-Enzyme CYP2C8, CYP2C9 und CYP3A4 sind, da das Risiko einer erhöhten beziehungsweise verringerten Etrasimod-Konzentration besteht.
Mit Abaloparatid (Eladynos® Injektionslösung im Fertigpen, Theramex Ireland) gibt es auch einen neuen Wirkstoff zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko. Wie der bekannte Wirkstoff Teriparatid führt auch Abaloparatid zur Anregung der Aktivität der Osteoblasten, der knochenbildenden Zellen. Abaloparatid ist ein Peptid mit 34 Aminosäuren, das mit dem Parathormon (PTH) und noch mehr mit dem Parathormon verwandten Peptid (PTHrP) eine hohe Homologie besitzt. Wie Teriparatid aktiviert auch der Neuling den PTH1-Rezeptor-Signalweg. In der Fachinformation wird das Wirkprinzip folgendermaßen zusammengefasst: Abaloparatid stimuliert die Knochenneubildung an der trabekulären und kortikalen Knochenoberfläche durch Anregung der osteoblastischen Aktivität.
Die empfohlene Dosis von Abaloparatid ist 80 µg einmal täglich subkutan in den Unterbauch appliziert. Die Injektionsstelle ist täglich zu wechseln. Zusätzlich zu Abaloparatid sollen die Patientinnen Calcium und Vitamin D erhalten, sofern die Aufnahme über die Nahrung unzureichend ist. Die Behandlungsdauer mit Abaloparatid sollte bei maximal 18 Monaten liegen. Danach können die Patientinnen zum Beispiel mit Bisphosphonaten weiterbehandelt werden.
Kontraindiziert ist der neue Wirkstoff in Schwangerschaft und Stillzeit, bei Frauen im gebärfähigen Alter sowie bei Frauen mit Hyperkalzämie. Tabu ist Abaloparatid ebenfalls bei schwerer Nierenfunktionsstörung, bei Patientinnen mit bekanntem Osteosarkomrisiko sowie Patientinnen mit malignen Erkrankungen des Skeletts oder Knochenmetastasen.
Sehr häufige Nebenwirkungen von Eladynos sind ein hoher Calciumspiegel im Urin und Schwindel. Häufig sind zum Beispiel Rückenschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Reaktionen an der Injektionsstelle. Ein besonderer Warnhinweis findet sich in der Fachinformation zum Thema »Orthostatische Hypotonie und erhöhte Herzfrequenz«. Abaloparatid kann eine gefäßerweiternde Wirkung auf die glatte Gefäßmuskulatur und positive chronotrope/inotrope Wirkungen auf den Herzmuskel haben. Eine individuelle Nutzen-Risiko-Bewertung ist daher wichtig. Vor Beginn der Behandlung mit Abaloparatid sollten der Blutdruck, der kardiale Status und ein EKG ausgewertet werden. Patientinnen mit Herzerkrankung sind auf eine Verschlechterung ihrer Erkrankung zu überwachen. Wenn eine schwere orthostatische Hypotonie oder schwere kardiovaskuläre Symptome auftreten, ist die Behandlung abzubrechen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu wissen, dass die gleichzeitige Anwendung von vasoaktiven Arzneimitteln zu orthostatischer Hypotonie führen kann, da die blutdrucksenkende Wirkung von Abaloparatid verstärkt werden kann.