OP bei Problemen an Wirbelsäule, Knie oder Hüfte? |
Rückenschmerzen sind ein Zivilisationsleiden und weltweit die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Anders als von vielen Patienten erwartet, lässt sich durch eine Operation die Rückengesundheit meist nicht wieder vollkommen herstellen. Schätzungen zufolge ist jeder Dritte, der sich an der Wirbelsäule operieren lässt, mit dem Ergebnis nicht zufrieden.
Je nach Ursache werden spezifische und nicht spezifische Rückenschmerzen unterschieden. Spezifische Rückenschmerzen haben eine feststellbare behandelbare Ursache. Diese lässt sich jedoch bei bis zu 90 Prozent der Rückenschmerzen nicht nachweisen. Zur Behandlung von unspezifischen Kreuzschmerzen gibt es eine Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL). Die Autoren empfehlen eine Operation nicht. Bei einem Teil der Patienten bessern sich die Symptome innerhalb einiger Monate von selbst.
Bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT und MRT zeigen zwar häufig degenerative Veränderungen der Wirbelsäule an, die man operativ angehen könnte. Solche Veränderungen lassen sich ab einem bestimmten Lebensalter jedoch bei fast jedem Menschen feststellen und müssen nicht automatisch die kausale Ursache für die klinischen Symptome sein. Ein typisches Beispiel für nachweisbare Veränderungen sind Bandscheibenschäden. Allerdings ist nicht jeder Bandscheibenvorfall, den Ärzte auf dem Bild sehen, operationsbedürftig. Wenn nur Schmerzen auftreten, kann Abwarten ausreichen. Oft klingen die Schmerzen innerhalb von Tagen oder Wochen von selbst wieder ab.
Manchmal kann eine Operation den Zustand von Rückenschmerz-Patienten sogar dauerhaft eher verschlechtern. Bei einer Versteifungsoperation, einer Spondylodese, werden beispielsweise zwei oder mehrere krankhaft veränderte Wirbel miteinander verbunden. Es entstehen Belastungszonen oberhalb und unterhalb der Versteifungsstelle. Belastung und Bewegung können zu Anschlussdegenerationen führen. Die Rückenschmerzen nehmen wieder zu und machen möglicherweise weitere Operationen erforderlich. Die Patienten büßen dabei an Beweglichkeit ein. Eine Versteifung lässt sich zudem nicht mehr rückgängig machen und sollte nicht nur deshalb wohlbedacht werden.
Es gibt nur wenige Fälle, in denen eine Operation an der Wirbelsäule unumgänglich ist. Dann bestehen konkrete Gefahren für Folgeschäden, was beim Bandscheibenvorfall oder bei der Spinalkanalstenose möglich sein kann. Lähmungserscheinungen, Störungen bestimmter Körperfunktionen wie der Blase oder des Darms oder neurologische Ausfallerscheinungen sind Warnsignale, die eine schnelle Behandlung erfordern. In vielen anderen Fällen empfiehlt es sich, zunächst die Möglichkeiten der konservativen Therapien auszuschöpfen und die Physiotherapie/Bewegungstherapie konsequent durchzuführen.
Vor elektiven Operationen am Bewegungsapparat kann es ratsam sein, die Meinung eines zweiten Facharztes einzuholen. Bei einer Zweitmeinung stehen Patienten jedoch vor dem Problem, dass sie möglicherweise mit zwei gegensätzlichen Empfehlungen konfrontiert werden. Sollen sie nun der Erst- oder der Zweitmeinung folgen? Welcher Arzt hat recht? Diese Frage lässt sich im Einzelfall womöglich gar nicht beantworten. So besteht zum Beispiel bei einigen Wirbelsäulenerkrankungen sowohl national als auch international kein Konsens, ob und welcher chirurgische Eingriff angezeigt ist. Am Ende ist der Patient mit der Entscheidung dann doch auf sich allein gestellt. Möglicherweise hilft es ihm, eine klassische Pro-und-contra-Liste mit Argumenten anzufertigen, die für oder gegen den Eingriff sprechen.