Richtig inhalieren bei Asthma und COPD |
Damit der Sprühstoß auch wirklich an den Wirkort gelangt, bedarf es bei der Anwendung eines Astmasprays spezieller Kenntnisse. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Die Anwendung von Inhalativa ist nicht trivial. Selbst Patienten, die bereits seit Jahren unter Asthma oder COPD leiden, wenden ihr Device mitunter falsch an. Erschwerend kommen die unterschiedlichen Systeme hinzu. Es gibt Dosieraerosole, Pulverinhalatoren, Sprühvernebler und Vernebler zur Feuchtinhalation. Zu beachten ist, dass nicht jedes Medikament in jedem beliebigen Inhalationssystem zur Verfügung steht.
Seit dem 10. Juni 2022 können Menschen mit Asthma oder COPD in der Apotheke im Rahmen einer pharmazeutischen Dienstleistung (pDL) üben, wie sie richtig inhalieren. In der Schulung erklärt das pharmazeutische Personal nicht nur den Gerätetyp des Patienten, sondern prüft auch direkt, ob er bei der Anwendung Fehler macht.
Anspruch auf die Leistung haben Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren. Voraussetzung ist, dass sie ein inhalatives Arzneimittel neu verordnet bekommen haben oder ihr Device wechseln. Sie können das Training alle zwölf Monate wiederholen, wenn sie es nicht innerhalb des letzten Jahres in einer Arztpraxis oder anderen Apotheke bereits erhalten haben und laut Selbstauskunft nicht in ein Disease-Management-Programm (DMP) Asthma oder COPD eingeschrieben sind.
Die »Erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik« – so der offizielle Titel der pDL – darf in der Apotheke nur pharmazeutisches Personal mit abgeschlossener Ausbildung ausführen. Darunter fallen Approbierte, PTA, Pharmazieingenieure, aber keine PhiP oder PTA im Praktikum. Eine Zusatzqualifikation ist nicht erforderlich. Die Leistung wird mit 20 Euro aus dem NNF vergütet.
Es lohnt sich, den Prozess für die pDL vorab sorgfältig vorzubereiten, um am einzelnen Patienten später weniger Zeit aufwenden zu müssen. Arbeitshilfen gibt es bei der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zum Herunterladen. Die Empfehlungen basieren auf den Nationalen Versorgungsleitlinien COPD und Asthma. Neben den Formularen und Arbeitsanweisungen hält das Apothekenteam »Dummy-Arzneimittel« oder Placebos von regelmäßig verordneten Inhalatortypen bereit. Die Materialen werden am besten in einer Kiste oder Schublade zusammen gelagert, damit sie direkt greifbar sind.
Im nächsten Schritt geht es darum, die pDL bekannt zu machen und zu bewerben. Es ist längst nicht allen Anspruchsberechtigten bekannt, dass sie sich in die Anwendung eines Inhalationsgerätes auch mit praktischen Übungen einweisen lassen dürfen. Das Apothekenteam kann gezielt infrage kommende Patienten informieren. Als Erinnerungshilfe kann ein automatisierter Hinweis zur Dienstleistung in der Apotheken-Software hinterlegt werden, der bei der Abgabe von Inhalativa erscheint. Falls der Kunde eine Kundenkarte hat, kann darin festgehalten werden, dass die pDL angeboten wurde. Wenn Termine vergeben werden, sind Zeiten außerhalb der Stoßzeiten zu bevorzugen. Manche Patienten wünschen nach mehr als einem Jahr eine Wiederholung. Für diesen Fall kann man im Team klären, wie und durch wen Kontakt aufgenommen werden soll.
Um eine vertrauliche Beratung sicherzustellen, ziehen sich Apotheker, Pharmazieingenieur oder PTA mit dem Patienten ins Beratungszimmer oder einen anderen separaten Raum oder abgeschirmten Bereich zurück. Vorab oder zu Beginn wird eine schriftliche Vereinbarung mit dem Versicherten getroffen. Geeignete Formulare kann sich das Apothekenteam ebenfalls bei der ABDA herunterladen und ausdrucken. Es steht eine Kurz- und eine Langfassung zur Verfügung. Nutzt das Apothekenteam die Kurzversion, ergänzt es in der Fußzeile einen Hinweis, wo die Langfassung zu finden ist. Die ausführliche Version kann zum Beispiel in der Apotheke ausgelegt oder auf der apothekeneigenen Homepage eingestellt werden. Auf der Vereinbarung wird am Ende der Schulung der Erhalt der pDL quittiert und der Patient erhält eine Kopie mit nach Hause. Wichtig ist der Hinweis, dass sich der Versicherte bezüglich dieser pDL an die Vertragsapotheke bindet. Nimmt er die pDL erneut in Anspruch, kann sie auf dem selben Formular quittiert werden.
Für die Einweisung wird – so weit möglich – das »Dummy« beziehungsweise Placebo des Devices verwendet, das der Patient verordnet bekommen hat. Im Einzelfall, wenn es therapeutisch möglich ist, kann er während der Schulung gleich das eigene Device nutzen. Zunächst erklärt man das Inhalationssytem, dann soll der Patient die Anwendung vorführen. Das pharmazeutische Personal überprüft, ob er alles richtig macht, und achtet besonders auf Zustand des Gerätes, Vorbereitung der Inhalation, die Inhalation selbst sowie das Beenden. Als Arbeitshilfe dient dabei die »Checkliste Korrekte Anwendung inhalativer Arzneimittel«, die während der Schulung ausgefüllt wird. Hat das pharmazeutische Personal bei der Vorführung Anwendungsfehler beobachtet, bespricht es diese mit dem Patienten. Es erklärt oder demonstriert, wie die korrekte Anwendung aussieht. Anschließend darf der Patient erneut üben.
Dabei hat jedes Device seine speziellen Tücken. Am häufigsten werden Dosieraerosole und Pulverinhalatoren verschrieben. Das Dosieraerosol enthält den Wirkstoff sowie ein Treibgasmittel. Patienten halten es zwischen Daumen und Mittel- oder Zeigefinger. Dabei gilt die Faustregel »Daumen und Mundstück unten«. Dann schütteln sie das Gerät kräftig, atmen langsam und entspannt aus und umschließen das Mundstück fest mit den Lippen. Der Kopf wird leicht zurück geneigt, Patienten atmen langsam und möglichst tief ein und lösen gleichzeitig den Sprühstoß aus. Anschließend halten sie den Atem für fünf bis zehn Sekunden an und atmen wieder aus. Neben gerätespezifischen Tipps gibt es grundsätzliche Hinweise. Dosieraerosole müssen beim Inhalieren immer senkrecht gehalten werden, da sonst nur das enthaltene Treibgas inhaliert wird. Die Inhalation gelingt besser, wenn dabei der Kopf leicht in den Nacken gelegt wird.
Dosieraerosole können mit Inhalationshilfen angewendet werden. Sie erleichtern es, Einatmung und Auslösung des Sprühstoßes zu koordinieren. Außerdem gelangt mit Spacern mehr Wirkstoff in die Lunge und es bleibt weniger im Mund- und Rachenraum haften. Besonders bei Glucocorticoid-haltigen Dosieraerosolen lassen sich dadurch lokale Nebenwirkungen verringern. Kleine Partikel können sich allerdings im Spacer absetzen. Patienten inhalieren daher zügig nach dem Einsprühen. Beladen sie die Inhalationshilfe mit mehreren Sprühstößen auf einmal, ist die Menge an bronchiengängigen Wirkstoffpartikeln verringert. Der zweite Sprühstoß versetzt dann nämlich den ersten Sprühstoß in Turbulenzen, sodass sich der erste Sprühstoß an der Wand des Spacers ablagert. Wer effizient inhalieren möchte, sprüht einmal in den Spacer und inhaliert diesen dann leer. Dann erst folgt der zweite Sprühstoß.
Bei Kindern fehlen Daten, wie oft sie inhalieren müssen, bis der Spacer vollkommen leer ist. Sicherheitshalber empfiehlt das pharmazeutische Personal in diesem Fall fünf bis sechs Atemzüge. Da die Dosieraerosole Treibgas enthalten, sind sie aus Umweltgründen ungünstig. Wenn möglich, sollten Patienten daher ein treibgasfreies System bekommen.
In Pulverinhalatoren liegt der Wirkstoff als treibgas- und FCKW-freies Pulver vor. Patienten atmen hier nicht langsam, sondern möglichst kräftig ein. Die Arzneimitteldosis wird in den Gräten entweder aus einer Einzeldosisform wie einer Kapsel oder durch Abteilung aus einem Depot erzeugt. Damit ein lungengängiges Pulveraerosol entsteht und zum Wirkort gelangt, ist ein Luftstrom erforderlich, den der Patient beim Einatmen erzeugt. Die Partikelgeschwindigkeit ist geringer als bei Dosieraerosolen und es lagert sich weniger Arzneimittel im Mund- und Rachenraum ab. Das Risiko für lokale Nebenwirkungen ist daher bei Pulverinhalatoren geringer als bei den treibgasbetriebenen Devices.
Wenn alle Fragen geklärt sind, unterschreibt der Patient, dass er die Dienstleistung in Anspruch genommen hat. Die ausgefüllte Checkliste sowie die unterschriebene Vereinbarung und die Quittierung werden in der Apotheke aufbewahrt. Mit einer einmaligen Schulung ist das Thema richtig inhalieren für den Patienten aber noch nicht erledigt. Menschen mit Asthma oder COPD müssen stets darauf achten, nicht wieder in eine alte Inhalationstechnik zurückzufallen. Nach einem Jahr oder bei einem Gerätetyp-Wechsel können sie die Schulung auffrischen. Einige Patienten freuen sich, wenn sie zum Nachlesen für Zuhause Informationen oder Anleitungen mitnehmen dürfen, die auf das jeweilige Device zugeschnitten sind. Auch dazu stellt die ABDA Material zur Verfügung. Ziel dieser pDL ist es, die Adhärenz sowie die Effektivität der Inhalationstherapie zu optimieren. Patienten profitieren von mehr Sicherheit bei der Anwendung und erleiden bestenfalls weniger schwerwiegende Asthma-Anfälle.