Schluckstörungen im Alter |
»Schluckstörungen stehen oft am Anfang einer gesundheitlichen Abwärtsspirale älterer Menschen«, sagt der Geriater Dr. Jörg Schwab vom DGD Diakonie-Krankenhaus Wehrda gegenüber PTA-Forum. Denn bei Schluckstörungen besteht die Gefahr, dass Nahrung in die Luftröhre und darüber in die Lunge kommt. Eine normale Abhilfe wäre Raushusten. Besonders bei Älteren besteht aufgrund einer verminderten Wahrnehmungsfähigkeit jedoch die Gefahr der sogenannten stillen Aspiration: Der Betroffene merkt nicht, dass sich Essensreste auf dem Weg zur Lunge befinden. Schutzreflexe wie Husten oder Räuspern bleiben aus. Eine relativ häufige Folge dieser stillen Aspiration ist laut Schwab eine Bronchitis, seltener eine Lungenentzündung. Auch droht eine akute Erstickungsgefahr, wenn größere Nahrungsstücke verschluckt werden.
Die Negativspirale setzt sich fort: Die durch Verschlucken bedingte Bronchitis lässt das Level an Entzündungsproteinen steigen. Diese wiederum unterhalten oder steigern die Gebrechlichkeit. Der Betroffene fühlt sich allgemein nicht gut und wird zunehmend anfälliger gegenüber Krankheitskeimen, Überlastung oder Unruhe. Es folgt ein höheres Risiko für Stürze und Orientierungslosigkeit.
Selbst wenn der Hustenreflex beim Verschlucken aufgrund der Schluckstörung funktioniert: Viele Betroffene wollen nach dem Essen und Trinken nicht immer husten müssen und nehmen daher weniger zu sich. Doch wer zu wenig trinkt, trocknet aus: Es drohen Schwindel, Stürze und Obstipation. Wird das Essen verweigert, sinkt das Körpergewicht und die Kaumuskulatur wird schwächer. Auch das macht gebrechlicher. Schwab resümiert: »Bei häufigen Infekten, Fieber, ungewollter Gewichtsabnahme und verschlechtertem Allgemeinzustand sollte man auch eine Schluckstörung als Ursache erwägen.«
Besteht der Verdacht auf eine Schluckstörung, sollte dieser ärztlich abgeklärt, die Ursache gefunden und behandelt werden. Je nach Ursache kommen eine Schlucktherapie mit Schluckübungen und stützenden Techniken zum Einsatz, Medikamente oder chirurgische Verfahren. Liegt es an der Medikation, könne in vielen Fällen auf Alternativpräparate umgestellt werden, so Schwab.
Allgemein gilt: Ältere Menschen sollten nie im Liegen essen und trinken, sondern immer sitzend im 90-Grad-Winkel, damit sie sich nicht verschlucken. Schwab empfiehlt die »Chin tuck«-Methode, das Schlucken mit Kopfneigung nach vorne: Die Nahrung wird aufgenommen, der Kopf weit nach vorn geneigt, sodass das Kinn fast die Brust berührt. Die Schwerkraft verhindert ein vorzeitiges Abgleiten von Nahrung oder Flüssigkeit aus der Mundhöhle. Beim Schlucken wird der Kehlkopf nach oben und nach vorn bewegt.
Das supraglottische Schlucken eignet sich laut Schwab bei schneller Atmung (Dyspnoe bei Asthma, COPD, Emphysem). Denn wird während des Essens oder Trinkens eingeatmet, kann Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre gelangen. Daher: Tief durch die Nase einatmen. Atem anhalten. Essen oder Trinken in den Mund nehmen. Schlucken. Ausatmen.
Ein weiterer Tipp: Flüssiges andicken, denn Wasser fließt leicht auch ohne Schlucken den Rachen herunter und gelangt so möglicherweise falsch in die Luftröhre. Zudem sollte man weiche Kost anbieten wie Brei und Weißbrot ohne Rinde, damit keine Krümel aspiriert werden können. Empfehlungen rund ums Essen und Trinken bei Schluckstörungen bietet auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).