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Weniger Ängste, besseres Gedächtnis
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Sing doch mal!

Singen macht Spaß und kann positiv auf Gefühlswelt und Gesundheit wirken. Deshalb kommt es auch therapeutisch immer häufiger zum Einsatz.
AutorKontaktJudith Schmitz
Datum 23.12.2025  16:00 Uhr
Emotional und körperlich

Emotional und körperlich

Forscher aus Australien haben das Therapeutic Music Capacities Model (TMCM) entwickelt. Es könnte als Grundlage dienen, Charakteristika von Musik wie Tonhöhe, Lautstärke, Klangfarbe und Rhythmus in der Therapie etwa bei der Neurorehabilitation bei Demenz, Parkinson-Krankheit, Schlaganfall und ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom) zu nutzen. Ziel ist es, Verbesserungen im Verhalten sowie im kognitiven, psychosozialen und motorischen Bereich der Betroffenen zu erreichen.

Die Forscher heben darin sieben Fähigkeiten von Musik hervor, die auf jeden von uns wirken:

  • Musik hören oder machen spricht an – und löst damit eine Reaktion aus auf neurologischer und psychologischer Ebene. Das Gehirn wird in vielen Regionen gleichzeitig aktiviert: Die Aufmerksamkeit erhöht sich, Lernprozesse setzen sich in Gang. Das Gedächtnis ist gefragt: Woran erinnert mich die Musik? Neuroplastische Veränderungen sind langfristig möglich und assoziiert mit der Verbesserung auditiver und motorischer Funktionen.
  • Musik ist emotional: Sie kommuniziert, entlockt eine Reaktion, auch dann, wenn Worte versagen, ändert den Zustand des Hörenden und Praktizierenden, bewirkt Veränderungen in dessen autonomen Nervensystem und triggert Gehirnaktivität in Regionen, die für Gefühle wichtig sind.
  • Musik ist körperlich: Sie löst eine Bewegungsreaktion aus – vom leichten Kopfnicken bis hin zu ekstatischem Tanz.
  • Musik ermöglicht Synchronisation, etwa beim gemeinsamen Singen im Chor oder Tanzen auf einem Konzert, ein sozialer Aspekt, der Vertrauen selbst zu Fremden schafft. Therapeutisch können Synchronisation bei Rhythmus und Melodie genutzt werden, um Redefluss und motorische Funktionen zu verbessern.
  • Musik ist persönlich. Sie spricht uns an. Wir verbinden uns mit ihr. Mögen wir sie, kann sie unsere Stimmung aufhellen.
  • Musik ist sozial: Gemeinsames Singen oder Musikhören auf Konzerten oder im Gottesdienst schafft Gemeinschaft und kann sie stärken.
  • Musik ist überzeugend: Sie ist stark assoziiert mit Überzeugungen, was ausgenutzt wird von Werbung und politischen Bewegungen. Es ist aber auch ein Grund dafür, dass viele Menschen zur Entspannung Musik nutzen und Musik therapeutisch zum Einsatz kommt.

Eine Literatursuche aus dem Jahr 2021 ergab, dass 29 deutsche medizinische Leitlinien aus dem AWMF-Register die Musiktherapie als Behandlungsoption beinhalten. Am häufigsten basiert sie auf einem Expertenkonsens und als Teil eines multimodalen Behandlungsansatzes. Eine »Sollte-Empfehlung« erhält sie etwa in der Leitlinie »Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen« (derzeit in Überarbeitung), eine »Kann-Empfehlung« etwa in den Leitlinien »Demenzen – Living Guideline« und »Schlaganfall« (derzeit in Überarbeitung). Bis heute ist die Musiktherapie in der ambulanten Versorgung jedoch keine Kassenleistung.

Wichtig ist Kreutz, Musik und Gesang wieder mehr in der Fläche einzusetzen, als Mittel, das Freude macht und Gemeinschaft schafft, Älteren in Altenheimen Zeitqualität schenkt sowie Kindern und Jugendlichen einen Sinn geben kann, ihre Freizeit jenseits digitaler Medien zu gestalten.

Der Experte kritisiert, dass zwar Leuchtturmprojekte staatlich finanziell unterstützt würden, Gelder für die Förderung des Singens in der Breite aber fehlten, etwa für die Ausbildung von Personal und für ihre adäquate Bezahlung. »Gemeinsames Singen ist im Interesse auch künftiger Generationen als unverbrüchliches Kulturgut zu verstehen. Politisch sollte das Singen mehr gefördert werden, und zwar schon mit musikalisch gut ausgebildeten Pädagogen in Kindergärten und Grundschulen. Denn: Gemeinsames Singen baut Ängste, Frustationen und Aggressionen ab. Es verbindet Menschen und macht ihnen Mut, ein harmonisches Miteinander in dieser sehr auf Selbstoptimierung ausgerichteten Gesellschaft zu leben.«

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