So lassen sich die Dienstleistungen integrieren |
Juliane Brüggen |
16.03.2023 14:00 Uhr |
Die verschiedenen Inhalatortypen können Apotheken sich als Placebo/Dummy bestellen und die Inhalation daran erklären. / Foto: Adobe Stock/Orawan
Gute Organisation ist alles, um mit Spaß in die pharmazeutischen Dienstleistungen zu starten. »Fangen Sie klein an«, empfahl Richling, »und versuchen Sie, den Papierkram so klein wie möglich zu halten.« An erster Stelle stehe die Teamarbeit. Denn vorab seien einige Fragen zu klären, zum Beispiel: Wer spricht die Patienten an (und wie)? Wo wird die Dienstleistung durchgeführt? Welche Geräte oder Hilfsmittel werden verwendet? Wer überträgt den Prozess in das QM-Handbuch? Was erleichtert die Dokumentation?
Eines bringen alle Dienstleistungen mit sich: Dokumentationsaufwand. In der Regel braucht es eine Vereinbarung zwischen Patient und Apotheke, mitunter auch eine separate Datenschutzerklärung für Privatpatienten oder eine Entbindung von der Schweigepflicht, eine Quittung und ein Ergebnisprotokoll. Richling empfiehlt, alle Dokumente vorab so weit wie möglich zu personalisieren und beispielsweise die Apothekendaten schon auszufüllen. Die Vereinbarung sollte nur in der Kurzfassung für Patienten genutzt werden – »die ist schon lang genug«. In der Fußnote müsse stehen, wo der Patient die Langfassung einsehen kann, zum Beispiel auf der Website der Apotheke oder ausgedruckt in der Offizin.
Ein weiterer Tipp der Apothekerin: Die Dokumente so komprimieren, dass sie auf eine Seite passen und so unter dem HV-Tisch bereitlegen. Bei den »kleinen« Dienstleistungen könnten beispielsweise Vereinbarung und Quittung auf die Vorderseite und der Bogen mit den Ergebnissen auf die Rückseite. Alternativ könnten die Dokumente auch digital auf einem gut erreichbaren PC abgelegt und bei Bedarf ausgedruckt werden.
Die Blutdruckerfassung können PTA und PTA im Praktikum durchführen. Der Nutzen für die Patienten ist klar: Sie erhalten eine Erfolgskontrolle ihrer Therapie – ein zu hoher oder zu niedriger Blutdruck wird entdeckt und es kann entsprechend agiert werden. Langfristig können so Endorganschäden verhindert werden, die durch zu hohen Blutdruck entstehen. »Das macht doch richtig Spaß – jenseits von dem ganzen Testen, den Masken und den Lieferengpässen. Jetzt können wir wieder etwas machen, weswegen wir gerne in der Apotheke arbeiten«, betonte Richling.
Anspruchsberechtigt sind alle Patienten, ob gesetzlich oder privat versichert, die mindestens ein ärztlich verordnetes Blutdruckmedikament erhalten und dieses bereits seit zwei Wochen oder länger einnehmen. Die Leistung kann einmal alle 12 Monaten erbracht werden. Früher geht es nur, wenn sich die Medikation ändert, der Patient also beispielsweise ein neues Antihypertensivum erhält oder eine andere Dosis. Wieder sind zwei Wochen nach der neuen Therapie abzuwarten. Ob ein Medikament als Antihypertensivum zählt, ist von den ersten drei Stellen des ATC-Codes abhängig. Dieser findet sich in der ABDA-Datenbank. Eingeschlossen sind C02 (Antihypertensiva wie Clonidin, Moxonidin oder Doxazosin), C03 (Diuretika), C07 (Betablocker), C08 (Calciumkanalblocker) und C09 (ACE-Hemmer und Sartane).
Um Patienten zu überzeugen, braucht es laut Richling keiner langwierigen Erklärung. So könnte die Ansprache aussehen: »Wir haben jetzt einen neuen Service. Wir können Ihren Blutdruck einmal standardisiert und mit einem validierten Gerät überprüfen und schauen, wie gut das Medikament wirkt. Die Krankenkassen haben erkannt, dass das sinnvoll ist und übernehmen die Kosten. Dazu brauche ich eine Unterschrift …« Zunächst Termine zu vergeben, kann die Organisation erleichtern. Patienten, die ein neues Rezept einlösen und noch zwei Wochen abwarten müssen oder erst in 12 Monaten erneut Anspruch haben, sollten direkt ein Terminkärtchen erhalten, so Richling. Auch die Apotheke könne sich eine Erinnerung einstellen. Alles sollte mit möglichst wenig Aufwand laufen.
Für die Blutdruckmessung selbst empfiehlt sich ein separater Raum oder ein abgeschirmter Bereich. Insgesamt seien 15 Minuten für diese Dienstleistung einkalkuliert, so Richling. Um es in dieser Zeit zu schaffen, könne der Papierkram bereits in der Ruhephase erledigt werden. Zwischen den drei Messungen reiche eine Pause von einer Minute. Wichtig sei, dass die Manschette immer wieder vollkommen entlüftet werde. Als Leitfaden dient die Standardarbeitsanweisung »Blutdruckmessung in der Apotheke« der ABDA. Die Werte von Puls und Blutdruck werden auf dem vorgefertigten Informationsbogen dokumentiert, nach dem enthaltenen Ampelschema eingeordnet und die Ergebnisse mit dem Patienten besprochen. Laut Richling ist es sinnvoll, bei zu hohen Werten nach der Adhärenz zu fragen: »Wie oft ist es passiert, dass Sie die Tabletten nicht genommen haben?« Auch Tipps zur Selbstmessung helfen den Patienten bei der weiteren Verlaufskontrolle. Sollte der Blutdruck in einem gefährlich hohen Bereich liegen (> 180/110 mmHg), ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich. Der Patient kann, sofern vorhanden, als erste Maßnahme sein Notfallspray einsetzen.
Die Abrechnung läuft über einen speziellen Sonderbeleg, den der Nacht- und Notdienstfonds des DAV zur Verfügung stellt. Die Belege gehen alle an das Rechenzentrum, auch, wenn es sich um Privatpatienten handelt. Wichtig ist laut Richling, daran zu denken, die Patienten nach Versichertennummer und Institutionskennzeichen (IK) der Krankenkasse zu fragen. Denn beide Angaben müssen auf dem Abrechnungsbeleg stehen. Worauf noch zu achten ist, kann hier nachgelesen werden.
Die Aufzeichnungen (Vereinbarung, Quittung, Ergebnisbogen, Kopie des bedruckten Sonderbelegs, gegebenenfalls Datenschutzerklärung und Entbindung von der Schweigepflicht) sollten mindestens vier Jahre in der Apotheke aufbewahrt werden.
Die Schulung zur Inhalationstechnik können PTA ebenfalls durchführen, jedoch nicht PTA im Praktikum. Sie ist vorgesehen für Patienten ab sechs Jahren, die ein neues Device erhalten oder das Device wechseln sowie für Patienten, die in den letzten 12 Monaten keine Geräteschulung in einer Arztpraxis oder Apotheke erhalten haben. Wie die Blutdruckerfassung kann die Dienstleistung alle 12 Monate erbracht werden oder früher, wenn der Patient ein neues Device erhält. Das gilt laut Richling auch, wenn das Device im Rahmen von Rabattverträgen ausgetauscht wird. Grundsätzlich ausgeschlossen sind Patienten, die bereits an einem Disease Management Programm (DMP) einer Krankenkasse teilnehmen.
Voraussetzung ist lediglich ein Device zur Inhalation, wie Richling betonte, nicht eine bestimmte Indikation wie Asthma oder COPD. So ist die Schulung auch abrechenbar, wenn ein Patient Inbrija™, einen Inhalator zur Parkinsontherapie, erhält. Bezüglich des Timings biete sich an, die Schulung möglichst sofort anzubieten: »Sie würden ja auch sonst sofort beraten, wenn ein Patient ein neues Device bekommt.« Wieder ist eine gute Organisation entscheidend. Die Stationsapothekerin empfiehlt, das Vorgehen und auch die Handhabung der Inhalatoren mit dem Team zu besprechen, zum Beispiel anhand der Videos der Deutschen Atemwegsliga oder eines Übersichtposters. Außerdem sollte geprüft werden, welche Dummy-Inhalatoren am Lager sind und welche bei Firmen angefordert werden müssen.
Beim Ablauf hilft eine Checkliste der ABDA, auf der alle bei der Inhalation wichtigen Punkte abgehakt werden können. Zunächst erklärt die schulende Person das Device und demonstriert die Inhalation. Nach einer Trockenübung führt der Patient idealerweise selbst eine »richtige« Inhalation vor. Mit Dummy-Inhalatoren ist dies aus Hygienegründen jedoch meist nicht machbar. Richling empfiehlt: »Sie führen eine Trockenübung vor und der Patient übt die Inhalation an seinem Gerät. Es ist in der Regel nicht tragisch, wenn er eine zusätzliche Inhalation am Tag nimmt.« Informationen zur Tagesdosis finden sich in der Fachinformation. Nicht zu vergessen ist, nach einer Cortison-haltigen Inhalation etwas Wasser zum Spülen oder Trinken bereitzustellen.
Im Anschluss an die Präsentation seitens des Patienten stehe ein Lob an erster Stelle, meinte Richling. Erst danach sollten Verbesserungsvorschläge kommen. Wenn es um die Adhärenz geht, seien motivierende Fragen und Empfehlungen wichtig. Eine Frage könnte lauten: »Jeder vergisst ja mal etwas. Wie häufig ist es Ihnen im letzten Monat passiert, dass Sie vergessen haben, Ihr Asthmaspray anzuwenden?« Motivierend wirkten vor allem Aussagen, die den Mehrwert der regelmäßigen Inhalation betonten, wie: »Wenn Sie sich entscheiden, die Sprays wie besprochen anzuwenden, dann haben Sie weniger Asthmasymptome tagsüber und wachen auch nachts nicht mehr wegen Symptomen auf.« Ein belehrender Ton sei hingegen nicht hilfreich.