So werden pharmazeutische Dienstleistungen abgerechnet |
Juliane Brüggen |
08.11.2022 12:00 Uhr |
Die Einweisung in die richtige Inhalationstechnik dürfen unter anderem PTA übernehmen. / Foto: Getty Images/Westend61
Fünf sind es an der Zahl – neben einer erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation und der pharmazeutischen Betreuung von Krebs- und Transplantations-Patienten zählen die Risikoerfassung bei Bluthochdruck und das Üben der Inhalationstechnik zu den pharmazeutischen Dienstleistungen. Damit die erbrachte Leistung auch entlohnt wird, müssen Apotheken bestimmte Formalien einhalten.
Alle Angaben zu Personen, Kassen- und Vertragsnummern sowie die Nummern der Codierzeile sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und unbeabsichtigt. Ortsangaben und Telefonnummern sind rein willkürlich gewählt, um den Beispielen eine reale Anmutung zu geben.
Foto: PTA-Forum
Seit dem 10. Juni 2022 können öffentliche Apotheken die fünf pharmazeutischen Dienstleistungen zulasten der Krankenkassen anbieten und abrechnen. Grundlage ist das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG), das am 15. Dezember 2020 in Kraft trat.
Nicht nur Apotheker sind am Zug: Die Risikoerfassung bei Bluthochdruck-Patienten darf das gesamte pharmazeutische Personal durchführen, einschließlich Pharmazeuten im Praktikum und PTA im Praktikum. Für die Inhalatoren-Schulung muss das Studium oder die Ausbildung hingegen abgeschlossen sein. Medikationsberatungen sind allein approbierten Apothekern vorbehalten, die eine entsprechende Zusatzqualifikation haben.
Patienten, die eine pharmazeutische Dienstleistung in Anspruch nehmen möchten, müssen bestimmte Bedingungen erfüllen. Diese finden sich in den Anhängen zu Anlage 11 des Rahmenvertrages (nach § 129 Abs. 2 SGB V) und sind außerdem in den Informationsmaterialien der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände beschrieben, die Apotheken auf der Website www.abda.de im Bereich »Pharmazeutische Dienstleistungen« abrufen können. Grundsätzlich kommen Kunden infrage, wenn sie
Im ersten Schritt ist es wichtig, eine Vereinbarung mit dem Patienten abzuschließen. Mit dieser bestätigen Patienten unter anderem, dass sie die Voraussetzungen für die jeweilige Dienstleistung erfüllen und quittieren mit einer zweiten Unterschrift den Erhalt. Sollen die Ergebnisse mit einem Arzt besprochen werden, zum Beispiel bei einer Medikationsanalyse, muss der Patient die Heilberufler von der Schweigepflicht entbinden und dies ebenfalls unterzeichnen. Eine separate Einwilligungserklärung zum Datenschutz wird nur bei Privatpatienten empfohlen.
Während das Original der Vereinbarung in der Apotheke verbleibt, erhält der Patient eine Kopie. Die Unterlagen muss die Apotheke vier Jahre aufbewahren, die Krankenkassen können Kopien anfordern. Geplant ist aber, diese Prozesse zu digitalisieren. Für jede Dienstleistung stellt die ABDA auf ihrer Website eine Mustervereinbarung zur Verfügung.
Die Abrechnung läuft über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) des Deutschen Apothekerverbands (DAV). Apotheken verwenden dafür spezielle Belege, die für jede pharmazeutische Dienstleistung bedruckt werden sollen. Auch die Dienstleistungen für Privatversicherte werden über den NNF abgerechnet. Die Sonderbelege gehen nicht direkt an den NNF, sondern wie gewohnt an das Rechenzentrum. Eine Frist ist hierbei zu beachten: Spätestens einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Leistung erbracht wurde, muss der Beleg eingehen. Die Vergütung erhalten Apotheken dann zeitgleich mit der Notdienstpauschale zum Ende des Folgequartals.
Pro Jahr stehen 150 Millionen Euro für die pharmazeutischen Dienstleistungen bereit. Finanziert wird dies über einen erhöhten Fixzuschlag bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Die Preise für die einzelnen Dienstleistungen hat eine Schiedsstelle im Juni 2022 festgelegt.
Pharmazeutische Dienstleistung | Sonderkennzeichen | Honorar in Euro (netto) | Sonstiges |
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Risikoerfassung hoher Blutdruck | 17716872 | 11,20 | Einmal alle 12 Monate abrechenbar, Ausnahme: Änderung der antihypertensiven Medikation |
Einweisen in die Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik | 17716783 | 20,00 | Bei Neuverordnung von Devices bzw. Device-Wechsel abrechenbar oder wenn in den letzten 12 Monaten keine Schulung mit dem Device stattgefunden hat |
Erweiterte Medikationsberatung bei immunsuppressiver Therapie nach Organtransplantation | 17716843 | 90,00 | Bei Erst- oder Neuverordnung von Immunsuppressiva im ersten halben Jahr nach Transplantation/ Therapieumstellung |
Follow-up-Gespräch zur ambulanten immunsuppressiven Therapie | 17716866 | 17,55 | 2–6 Monate nach der ersten Beratung |
Erweiterte Medikationsberatung bei oraler Antitumortherapie | 17716820 | 90,00 | Bei Erst- oder Neuverordnung eines oralen Antitumortherapeutikums im ersten halben Jahr nach Therapiebeginn |
Follow-up-Gespräch zur ambulanten oralen Antitumortherapie | 17716837 | 17,55 | 2–6 Monate nach der ersten Beratung |
Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation | 17716808 | 90,00 | Einmal alle 12 Monate abrechenbar, Ausnahme: erhebliche Umstellungen der Medikation (separate Sonder-PZN verwenden) |
Erneute Beratung bei Polymedikation vor Ablauf von 12 Monaten bei erheblichen Umstellungen | 17716814 | 90,00 | Erhebliche Umstellung = mindestens drei neue bzw. andere systemisch wirkende Arzneimittel/Inhalativa innerhalb von 4 Wochen als Dauermedikation |
Um Probleme bei der Abrechnung zu vermeiden, sind die Sonderbelege vollständig und in schwarzer Schrift zu bedrucken. Da die jeweilige Dienstleistung nicht namentlich auf dem Sonderbeleg steht, ist es umso wichtiger, dass die verwendete Sonder-PZN stimmt. Folgende Angaben werden gefordert (siehe auch Rezeptabbildung):
Der Eigenbeleg für pharmazeutische Dienstleistungen soll zukünftig digitalisiert werden, voraussichtlich schon im Jahr 2023.