Strategien gegen das Stigma |
Den Medien kommt aber auch eine entscheidende Bedeutung im Kampf gegen Stigmata zu: Sozialen Lerntheorien zufolge könnten Hauptdarsteller von Filmen oder Serien einen Beitrag dazu leisten, das öffentliche Meinungsbild geradezurücken. Experimentelle Studien mit kleinen Probandenzahlen haben dies bestätigt. Noch besser ist, Betroffene selbst zu Wort kommen zu lassen wie im englischsprachigen »Anxy Magazine«. Die Herangehensweise unterscheidet sich vom klassischen Journalismus: Hier interviewen keine Medienexperten die Patienten, sondern Erkrankte berichten selbst über ihr Schicksal inklusive der gesellschaftlichen Ausgrenzung.
Auch Anti-Stigmatisierungs-Kampagnen können Vorurteilen entgegenwirken, falls sie die jeweiligen Zielgruppen erreichen. Seit mehreren Jahren würdigt die DGPPN zusammen mit weiteren Partnern hilfreiche Initiativen mit einem Antistigmapreis.
Mit einer solchen Auszeichnung wurde [AUSWEG]LOS, ein Portal des Deutschen Caritasverbands, geehrt. Zielgruppe sind junge Menschenmit suizidalen Gedanken, die ebenfalls mit großen Vorurteilen zu kämpfen haben. Sie werden von geschulten Gleichaltrigen zwischen 16 und 25 Jahren beraten.
»Die Wunschperle. Vom Einfluss seelischer Erkrankungen auf Geschwisterkinder« arbeitet das Thema altersgerecht in Form eines Comics auf. Dazu gehört auch ein Begleitband für Erwachsene. Entwickelt wurde das Büchlein vom Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen. Dafür gab es von der DGPPN einen zweiten Platz beim Antistigmapreis.
Dritter Gewinner ist das Projekt »Selbst Betroffene Profis« der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen. Den Anstoß gaben drei selbst erkrankte Ärztinnen, die berufliche Stigmatisierungen erlebt haben. Ihr Ziel ist, die Öffentlichkeit über psychische Leiden bei Angestellten im Gesundheitswesen zu informieren, um Vorurteile abzubauen.
Ähnliche Ideen verfolgen die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und die Stiftung Bahnsozialwerk. Bei ihrem Kooperationsprojekt »Peers at work« begleiten genesene, früher psychisch erkrankte Angestellte betroffene Kollegen mit ähnlichen Leiden im Job. Die berufliche Unterstützung ist Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Die Beispiele zeigen: Kampagnen gegen die Stigmatisierung setzen bei ganz unterschiedlichen Zielgruppen an. Denn Vorurteile ziehen sich wie ein roter Faden durch die Gesellschaft.