Süße als Wohlfühlfaktor |
Barbara Döring |
31.01.2024 16:00 Uhr |
Die Esserfahrungen spielen also eine große Rolle beim Geschmacksempfinden. Lässt sich die Lust auf Süßes aber auch abtrainieren? Schließlich bergen süße Nahrungsmittel im Überfluss mit ihren reichlich enthaltenen Kalorien heute ein großes gesundheitliches Risiko. Denn Zucker, den der Körper nicht direkt verbraucht, wandelt er in Fett um und speichert ihn für magere Zeiten.
»Süßes zu schmecken, ist ein starker Antrieb«, sagt der Experte. Wenn jemand sehr kontrolliert und beherrscht ist, kann er sich sicher alles Süße versagen. Je stärker man sich jedoch beherrschen müsse, umso eher bestünde die Gefahr, dass irgendwann vielleicht sogar das Gegenteil passiert und das Verlangen nach Süßem stärker wird.
Gänzlich auf Süßes verzichten, muss keiner. Jeder kann selbst einiges tun, um seinen Zuckerkonsum einzuschränken. So lässt sich meist beim Kochen oder Backen die in Rezepten angegebene Zuckermenge problemlos reduzieren, ohne dass sich das beim Geschmack wesentlich bemerkbar macht. Forscher sind zudem auf der Suche nach Substanzen, die in der Lage sind, den Geschmack von Zucker zu verstärken.
Wer lieber schon heute als morgen weniger Zucker zu sich nehmen möchte, sollte vor allem möglichst auf Fertigprodukte verzichten, in denen sich oft große Mengen davon versteckten. Der beste Weg zu einem gesunden Süßkonsum ist eine ausgewogene Ernährung mit frischen Produkten. Sie sorgt für eine ausreichende Zufuhr von Ballaststoffen, sodass Blutzuckerspitzen vermieden werden, die den Heißhunger auf Süßes anheizen.
Mit Süßstoffen als Zuckerersatz können sich viele Konsumenten nicht gut anfreunden. Sie aktivieren nicht nur die Süßrezeptoren, sondern auch einige Bitterrezeptoren. Der Grund, warum sie oft einen bitteren Beigeschmack haben. Einige Süßstoffe wirken jedoch sogar als Bitterblocker, wie Behrens Arbeitsgruppe Taste & Odor Systems Reception herausfand. Die Wirkung einzelner Süßstoffe genauer zu erforschen, könnte dazu beitragen, den optimalen Süßstoffmix zu finden, damit uns Süßes auch ohne Zucker und Kalorien Wohlbefinden bereitet.
Die Vorstellung, dass man Süßes nur im vorderen Bereich der Zunge schmeckt und Bitteres ausschließlich im hinteren Bereich der Zunge wahrgenommen wird, ist überholt. Darstellungen sogenannter »Zungenkarten«, die eine solche Verteilung vermittelten, beruhen auf einer Fehlinterpretation einer Arbeit aus dem Jahr 1901 des deutschen Wissenschaftlers David P. Hänig. Er beschrieb die Geschmackswahrnehmung auf der Zunge korrekt und zeigte, dass verschiedene Bereiche der Zunge unterschiedlich empfindlich darauf reagieren. Er wusste aber bereits, dass alle Geschmacksqualitäten auf allen Bereichen der Zunge mit Geschmackssinneszellen detektiert werden können. Spätere Darstellungen gaben die Erkenntnisse verfälscht wieder, indem sie die verschiedenen Geschmackswahrnehmungen einseitig bestimmten Zungenbereichen zuordneten, obwohl nur Sensitivitätsunterschiede zu verzeichnen sind. Dieser Mythos hielt sich über Jahrzehnte.