Tamoxifen-Knappheit verunsichert Betroffene |
Die Frage bleibt, was Betroffene tun sollen, wenn der Nachschub komplett zu Erliegen kommt. »Eine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie steht nicht zur Verfügung«, heißt es in der offiziellen Bekanntmachung des Bundesgesundheitsministeriums im Bundesanzeiger am 18. Februar. »Aber es gibt Alternativen«, sagt der Chefarzt der Gynäkologie des Helios-Klinikums Berlin-Buch, Michael Untch: Niemand müsse Angst haben.
Als Alternativen stehen insbesondere sogenannte Aromatasehemmer und hormonhemmende Spritzen zur Verfügung. Das sind Mittel, die die Östrogenproduktion blockieren. Das Problem: »Der Ersatz von Tamoxifen durch andere Formen der endokrinen Therapie ist mit einer höheren Nebenwirkungsrate belastet«, warnen die Fachgesellschaften. Genannt werden vor allem Knochenprobleme von Gelenkschmerzen bis Osteoporose.
Die Nebenwirkungen könne man in den Griff bekommen, sagt Untch. »Die wichtigste Botschaft ist: Es muss eine Alternativtherapie gefunden werden.« Die Therapie zu unterbrechen, könne die Rückfallquote erhöhen. Ob es Sinn macht, zur Überbrückung des Engpasses auch kurzfristig das Präparat zu wechseln, hänge vom Einzelfall ab, sagt Bernhard Wörmann von der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie der Berliner Charité. Auch eine kurzfristige Unterbrechung von einigen Tagen sei medizinisch möglich. Er betont aber: »Die Unterbrechung der Therapie ist keine Lösung dieser Versorgungskrise.«
Wie lange der Engpass dauert, ist noch nicht abzusehen. «Der komplexe und aufwendige Herstellungsprozess von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Tamoxifen bedingt eine mehrere Wochen andauernde Vorlaufzeit», erklärt das BfArM. Mit Nachschub könnte »etwa Ende April 2022« gerechnet werden. Bereits in der kommenden Woche könnten möglicherweise erste importierte Chargen eintreffen, sagt Wörmann.
Beraterin Hahne macht es jedenfalls »fassungslos, dass so ein banaler, lange Zeit bewährter Wirkstoff nicht verfügbar ist«. Um Engpässe in Zukunft zu vermeiden, fordert Wörmann, künftig vorausschauend einzukaufen: »Wir brauche für solche unverzichtbaren Präparate eine sechsmonatige Vorratshaltung.«