Ungesunde Belastung führt zum Tennisarm |
Früher nahm man an, dass eine Entzündung in der Muskulatur die Schmerzen verursacht. Inzwischen weiß man, dass die Ursache winzige Verletzungen der Muskelzellen sind, die durch die stereotype Dauerbelastung entstehen. Mediziner nennen das Phänomen Repetitive-Strain-Injury-Syndrom (RSI), zu Deutsch: Verletzung durch wiederholte Belastung. Hierunter werden verschiedene Schädigungen des Hand-, Arm-, Schulter- und Nackenbereichs infolge langanhaltender, monotoner Bewegungen zusammengefasst, etwa auch der sogenannte Mausarm.
Nach Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) leiden etwa 2 Prozent der Bevölkerung unter einem Tennisarm. Am häufigsten treten die Beschwerden zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf – wahrscheinlich, weil die Muskulatur ab dem mittleren Lebensalter anfälliger für Überlastungen wird. Manchmal verschwinden die Beschwerden schon nach wenigen Wochen, oft dauern sie aber einige Monate. Etwa 80 Prozent der Betroffenen sind innerhalb eines Jahres schmerzfrei.
Um einen Tennisarm zu diagnostizieren, reicht meist eine körperliche Untersuchung. Dabei wird beispielsweise der Arm mit der Handfläche nach unten ausgestreckt und die Hand gegen Widerstand nach oben gedrückt. Schmerzt dabei der Ellenbogen, spricht dies für einen Tennisarm. Röntgenuntersuchungen, Ultraschall oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) sind nach Informationen des IQWiG nur sinnvoll, wenn der Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht.
Nach der Diagnose geht es in der Behandlung darum, nicht nur kurzfristig die Schmerzen zu lindern, sondern mittel- und langfristig die Beweglichkeit und Belastbarkeit von Arm und Handgelenk zu verbessern, berichtet Physiotherapeutin Merz. Sie ist »kein Freund von Ruhigstellen«. Zwar könne es zunächst helfen, die Bewegungen, die die Schmerzen hervorrufen, zu vermeiden oder zu verringern. »Darauf müssen dann aber so schnell wie möglich Dehn- und Kräftigungsübungen für den Unterarm und das Handgelenk folgen.«
Ein weiteres Mittel, zu dem Schmerzgeplagte gerne greifen, sind Schienen und Bandagen. / Foto: Adobe Stock/mdbildes
Studien zeigen, dass Menschen, die konsequent solche Übungen machen, schneller schmerzfrei werden. Zudem verbessern die Übungen die Beweglichkeit. Gegen Tennisarm-Beschwerden ist die sogenannte exzentrische Trainingstherapie am besten untersucht. Dabei wird die Streckmuskulatur im Unterarm zugleich gedehnt und gestärkt. Merz ermittelt bei ihren Patienten zuerst, welche Bewegungsabläufe die Beschwerden hervorrufen und welche Muskeln lockerer oder auch kräftiger werden müssen, um weiteren Beschwerden vorzubeugen. »Das kann gerade für Sportler sehr motivierend sein, denn es geht ja auch darum, wie sie ihre Körperkraft effizienter einsetzen, ohne Muskeln und Gelenke zu überlasten.«
Auch Analgetika, insbesondere nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), hätten ihren Platz in der Therapie, allerdings nicht dauerhaft, so Merz. Die Medikamente kommen vor allem zu Beginn der Erkrankung zum Einsatz, wenn die Schmerzen am stärksten sind. Die Mittel können als Gel auf den Ellenbogen aufgetragen oder als Tablette eingenommen werden. NSAR eignen sich aber nicht zur Einnahme über längere Zeit, da sie unter anderem zu Magenproblemen führen können. Zudem gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass sie die Heilung beschleunigen können. Dass viele Menschen wochenlang den Schmerz aushalten oder mit Schmerzmitteln versuchen, die Beschwerden in den Griff zu bekommen, bevor sie in die Behandlung kämen, führe oft dazu, »dass sich der Zustand ihres Armes verschlechtert und die Schmerzen schlimmstenfalls chronisch werden«, betont Merz.
Glucocorticoid-Spritzen wirken ebenfalls schmerzlindernd, können den Heilungsprozess aber stören, da sie das körpereigene Immunsystem unterdrücken. Dass eine Ultraschalltherapie Tennisarmbeschwerden lindert, indem sie das Gewebe erwärmt und damit die Durchblutung verbessert, ist nach Einschätzung des IQWiG möglich, aber noch nicht eindeutig durch Studien belegt. Für andere Behandlungen sieht das Institut definitiv keinen Nutzen. Darunter fallen verschiedene Injektionstherapien (zum Beispiel mit Eigenblut oder Botox), Lasertherapie, Elektrotherapie, Stoßwellentherapie und Akupunktur. Dementsprechend werden diese Behandlungen von der gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel nicht bezahlt.