Unsterblichkeit ist Fantasy |
Ein erfülltes Sozialleben trägt zum gesunden Altern bei. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Wann fängt man an alt zu werden? Das Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln gibt dazu auf seiner Website folgende Information: »Typische Anzeichen des Alterns, wie Falten oder nachlassende Leistungsfähigkeit, können schon mit 20 Jahren auftreten.« Von da an geht's bergab – eine deprimierende Nachricht. Allerdings nicht für Institutsdirektor Thomas Langer. »Deprimierend?« fragt der 59 Jahre alte Biologe geradezu überrascht und muss lachen. »Nein, deprimierend finde ich das nicht.«
Klar, auch er würde sich manchmal wünschen, nochmal 30 zu sein. »Alles andere wäre auch nicht menschlich. Aber ich sehe das nicht so einseitig negativ. Natürlich wird man als älterer Mensch keinen 100-Meter-Sprint mehr gewinnen, weil einfach die körperlichen Voraussetzungen dafür nicht mehr da sind. Aber dafür gibt es andere Beiträge zur Gesellschaft, die ganz wichtig sind. Man gewinnt etwa an Erfahrung und Gelassenheit. Ich habe die Beiträge der Großeltern zur Erziehung meiner Kinder als sehr wichtig empfunden.«
Die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Forschung für den menschlichen Alterungsprozess hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich zugenommen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Überalterung der Gesellschaft. Es gibt einfach viel mehr Alte als früher. Ziel der Forschung ist es, altersbedingten Erkrankungen wie Demenz, Parkinson und Krebs vorzubeugen. Davon profitieren nicht nur diejenigen, die von diesen Krankheiten verschont bleiben, sondern auch alle, die das Gesundheitssystem mitfinanzieren.
»Als Max-Planck-Institut versuchen wir die Mechanismen des Alterns zu verstehen«, sagt Langer. Dabei richtet sich der Fokus nicht in erster Linie darauf, die Lebensspanne zu verlängern. Es geht vielmehr darum, Menschen möglichst gesund alt werden zu lassen. »Healthspanners« heißen die Wissenschaftler, die sich darauf konzentrieren.
Eine interessante Frage ist, warum der Mensch überhaupt altert. Aus evolutionärer Sicht macht es eigentlich keinen Sinn, denn es nützt nichts, sondern schadet – jedenfalls dem einzelnen Individuum. Tatsache ist, dass einige primitivere Tiere wie Seeanemonen und der Süßwasserpolyp Hydra überhaupt nicht altern, während der Grönlandhai bis zu 400 Jahre alt werden kann. »Eine der klassischen Theorien dazu, warum wir altern, ist die Akkumulation von Schädigungen, von Funktionsverlusten«, sagt Langer.
»Heute versteht man Altern im Grunde als ein instabiles Gleichgewicht. Unser Organismus kann normalerweise zwar auf Stresssituationen und Umwelteinflüsse reagieren und das wegstecken. Aber kein biologischer Prozess funktioniert mit hundertprozentiger Effizienz. Und so hinterlassen die vielen kleinen Schädigungen auf Dauer ihre Spuren.« Irgendwann gerate jedes instabile Gleichgewicht aus der Balance, und das sei eben das, was im Alter passiere, sagt Langer. »Man kann das nicht verhindern.«
Aber man kann natürlich etwas tun, um den Alterungsprozess zu verlangsamen: Sport treiben und gesund essen, ausreichend schlafen, nicht rauchen und wenig Alkohol trinken, Sozialkontakte pflegen und chronischen Stress vermeiden.
Die Wissenschaft hat auf der Welt einige »blaue Zonen« gefunden, in denen Menschen das besonders gut gelingt. Sie leben dort überdurchschnittlich lange und gesund, und es gibt dort besonders viele Hundertjährige. Diese Zonen sind die italienische Insel Sardinien, die griechische Insel Ikaria, die japanische Insel Okinawa, die Nicoya-Halbinsel in Costa Rica und die Stadt Loma Linda in Kalifornien. Alle fünf Regionen weisen kulturelle Gemeinsamkeiten auf, so wird in Maßen und überwiegend vegetarisch gegessen, aber auch die Familie spielt eine besonders wichtige Rolle.