Verbreitete Irrtümer zu Antibiotika und Resistenzen |
2018 zeigte eine Befragung von 2.000 Teilnehmern aus Deutschland: Rund 63 Prozent der Befragten gingen irrtümlicherweise davon aus, dass Menschen gegen Antibiotika resistent werden können. Richtig ist: Nur Bakterien werden gegen Antibiotika resistent. Diesen Abwehrmechanismus haben Bakterien im Laufe der Evolution gebildet. Das bedeutet: Resistenzen sind kein individuelles Problem einzelner Menschen.
Resistente Bakterien können sich ausbreiten und werden so für uns alle zum Risiko – auch für Menschen, die noch nie ein Antibiotikum eingenommen haben. Kommen beispielsweise abwehrgeschwächte oder frisch operierte Menschen mit resistenten Bakterien in Kontakt, können diese zu schwer zu behandelnden Infektionen führen.
Tatsächlich sind resistente Bakterien nicht – wie oft angenommen – per se gefährlicher als nicht resistente Erreger. So stehen beispielsweise zur Behandlung des resistenten Bakteriums MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) immer noch Antibiotika aus mindestens sechs unterschiedlichen Substanzklassen zur Verfügung.
Für andere Bakterien, die nicht als resistent eingestuft sind, stehen weniger Antibiotika-Substanzklassen zu Verfügung. Zudem werden hierzulande nach wie vor die allermeisten schweren Infektionen durch Erreger verursacht, die nicht als multiresistent gelten: Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 30.000 Menschen an einer durch das Bakterium Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion – eine Infektion, die wegen ihrer hohen Sterblichkeitsrate gefürchtet ist. Weniger als 10 Prozent dieser Infektionen werden durch die multiresistente Variante von Staphylococcus aureus – also MRSA – ausgelöst. MRSA ist sogar auf dem Rückzug – doch die nicht-resistente Variante fordert nach wie vor jedes Jahr tausende Menschenleben.
Um die Verbreitung von Resistenzen zu minimieren und die Wirksamkeit und Verfügbarkeit von Antibiotika auch in Zukunft sicherzustellen, stehen aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation WHO alle in der Verantwortung: »Das reicht von der rationalen Antibiotikaverordnung in der Human- und Tiermedizin über den sorgsamen Umgang mit Antibiotika seitens Patienten bis hin zur Politik und der pharmazeutischen Industrie, die sich dringend über die Problematik der unzureichenden Antibiotika-Forschung und Antibiotika-Lieferengpässe verständigen müssen«, erklärt Professor Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Universitätsklinik Köln und Vorsitzender der DGI.
Wie der BAH mit Blick auf eine repräsentative Umfrage vom Mai dieses Jahres berichtet, glauben allerdings 55 Prozent der Deutschen, Antibiotikaresistenzen selbst nicht verhindern zu können. »Daran sehen wir, wie wichtig es ist, die Bevölkerung über Antibiotikaresistenzen besser aufzuklären. Vielen ist nicht bewusst, dass sie selber der Resistenzentstehung entgegensteuern können.«