Verpackungsmaterialien der Zukunft |
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach Plastikalternativen. Zumindest das Bewusstsein der Öffentlichkeit scheint sich in dieser Hinsicht zu schärfen, denn die Nachfrage bei den Endverbrauchern nach plastikfreien Verpackungen steigt. Inwieweit die Großindustrie diesem Trend in Zukunft Rechnung tragen wird, bleibt abzuwarten. Voraussetzung wäre die Verfügbarkeit von Verpackungsmaterialien, die sowohl hinsichtlich ihrer Eigenschaften als auch hinsichtlich der Produktionskosten mit den Kunststoffen auf Erdölbasis mithalten können. Aktuell findet eine breitangelegte systematische Forschung in dieser Hinsicht allerdings nicht statt.
Aber es gibt Initiativen, die zeigen, was möglich ist, wenn man sich mit der Sache beschäftigt. Am Küchentisch der Familie Eschenlohr in München ist etwa die Idee entstanden, Stroh als Alternative zu Styropor zu verwenden. Tatsächlich ist es den Eschenlohrs – sie Betriebswirtin, er Ingenieur – gelungen, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Im bayrischen Alling ging das Start-up-Unternehmen »Landpack« in die Produktion und beliefert inzwischen bereits hunderte Kunden.
Stroh ist laut Thomas Maier-Eschenlohr bei der Verpackung empfindlicher Lebensmittel eine absolut gleichwertige Alternative. Das Naturprodukt sei ein bewährtes Isoliermaterial, das aber in der Kunststoffära in Vergessenheit geraten sei. Dabei weise Stroh eine hochinteressante Polymerstruktur auf, aus der sich seine günstigen Materialeigenschaften – unter anderem Dämmwirkung und Feuchtigkeitsregulierung – ableiten. Kühlboxen lassen sich aus Stroh ebenso konstruieren wie bruchsichere Verpackungen zum Beispiel für Weinflaschen. Gearbeitet wird mit formstabilen Platten aus reinem Stroh, die ohne Klebstoff und andere Zusätze funktionieren. Lediglich eine Hülle, die als Normalmüll entsorgt werden muss, ist unverzichtbar.
Bei der Getreideernte fällt Stroh in riesigen Mengen an, von denen nur ein kleiner Teil vor allem als Tierstreu weiter verwendet wird. Allein in Deutschland sind es jährlich rund 30 Millionen Tonnen. Den Eschenlohrs fiel es daher auch nicht schwer, ansässige Landwirte für die neuartige Nutzung des überschüssigen Strohs zu begeistern, die ihnen nun sogar ein Zubrot beschert. Insgesamt sind die Produktionskosten überschaubar, sodass die Bioverpackung auch in dieser Hinsicht mit Styropor konkurrieren und zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden könne. Abgesehen von Lebensmitteln, die gegen Temperaturschwankungen und mechanische Belastungen geschützt werden müssen, erscheint Stroh unter anderem als Verpackung für Elektronikgeräte geeignet. Im Moment besetzen die Eschenlohrs noch ein Nische, aber die Jungunternehmer sehen nach den Erfahrungen der ersten Jahren Potenzial, dass Verpackungsmaterialen auf Strohbasis große Marktanteile erobern könnten. Und sie experimentieren auch mit anderen voll kompostierfähigen Biomaterialien wie Hanf und bieten bereits erste Produkte an.
Eine andere Alternative zu Styropor hat der US-amerikanische Biotech-Konzern Ecovative entwickelt. In einem patentierten Verfahren (MycoCompositeTM) werden mithilfe spezieller Pilze Verpackungsmaterialien in variabler Form hergestellt. Die Pilze werden mit zerkleinerten Bioabfällen als Nährmedien vermischt, und dann lässt man das Pilzmyzel in Schablonen der gewünschten Form hineinwachsen. Abschließend wird die kompakte Masse aus Pilz und Nährstoffen einem Hitzeschock ausgesetzt, der das Wachstum stoppt und das Material keimfrei macht. Das Produkt ist vielseitig einsetzbar und nach Gebrauch zu 100 Prozent biologisch abbaubar.