Viele Zecken, aber weniger FSME-Fälle erwartet |
Verena Schmidt |
25.02.2025 14:30 Uhr |
Die Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer bei den FSME-Zahlen aus. Nur rund 10 Prozent der Infektionen werden Dobler zufolge als solche erkannt. Untersuchungen seines Arbeitskreises, bei denen 2023 Blutproben von Blutspendern im Ortenaukreis in Baden-Württemberg auf Antikörper einer natürlichen Infektion untersucht und mit Blutproben von 1986 verglichen wurden, zeigen, dass das Virus rund siebenmal häufiger übertragen wird als zunächst angenommen.
In Österreich seien rund 80 Prozent der Bevölkerung geimpft. Doch auch hier würden die Fallzahlen ansteigen. Die Blutspender-Untersuchungen sollen daher auch auf Österreich und andere Regionen in Deutschland ausgeweitet werden, um herauszufinden, wie hoch das tatsächliche Infektionsrisiko in unterschiedlichen Regionen ist. Erste Daten aus Tirol und Vorarlberg zeigten ebenfalls ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko bei Ungeimpften, heißt es in der Pressemeldung der Universität Hohenheim. In einigen Distrikten habe jeder achte Ungeimpfte eine FSME-Infektion durchgemacht.
»Bei schweren Infektionen kann FSME zu Langzeitfolgen wie Muskellähmungen, Gleichgewichtsstörungen oder starken Stimmungsschwankungen führen«, warnte Dobler. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung allen Personen, die in Risikogebieten zeckenexponiert sind, sich also in der Natur aufhalten.
Impfstoff | Grundimmunisierung | Schnellimpfschema | Auffrischung |
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Encepur® Erwachsenen/Kinder | 2. Impfdosis 1 bis 3 Monate nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 9 bis 12 Monate nach der 2. Impfung | 2. Impfdosis 7 Tage nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 21 Tage nach der 1. Impfung | alle 3 Jahre bei über 50-Jährigen, alle 5 Jahre bei unter 50-Jährigen |
FSME-Immun® Erwachsene/Kinder | 2. Impfdosis 1 bis 3 Monate nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 5 bis 12 Monate nach der 2. Impfung | 2. Impfdosis 14 Tage nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 5 bis 12 Monate nach der 1. Impfung | alle 3 Jahre bei über 60-Jährigen, alle 5 Jahre bei unter 60-Jährigen |
Für Dobler geht die STIKO-Empfehlung nicht weit genug: »Da das Infektionsrisiko in ganz Deutschland vorhanden ist, kann eine Impfung auch für Menschen außerhalb der offiziell ausgewiesenen Risikogebiete sinnvoll sein«, so der Mediziner. Er plädierte zudem dafür, ganz Deutschland als FSME-Risikogebiet auszuweisen.
Statistisch sei bei einer Durchimpfung von 50 Prozent der Bevölkerung ein Sinken der Fallzahlen zu erkennen, in Deutschland lag die Impfquote 2020 bundesweit allerdings nur bei 19 Prozent. Für das individuelle Risiko spiele das aber ohnehin keine Rolle: »FSME wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen, weshalb auch eine hohe Durchimpfungsrate nicht das individuelle Risiko senkt.« Die Impfung biete jedoch einen guten Schutz von mehr als 97 Prozent bei vollständiger Durchführung, betonte Dobler. Daneben sind lange Kleidung, Repellentien und das Absuchen des Körpers nach dem Aufenthalt im Freien bewährte Schutzmaßnahmen.
FSME-Viren werden etwa durch den europäischen Holzbock und seltener durch die Auwaldzecke auf den Menschen übertragen. In den Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren, nach einem Zeckenstich bei 1:50 bis 1:100.
Etwa zehn Tage nach dem Stich können bei einer FSME-Infektion grippeähnliche Symptome auftreten. Bei rund einem Drittel der Patienten kommt es nach einer vorübergehenden Besserung zu einem erneuten Fieberanstieg und einer zweiten Krankheitsphase.
Bei leichten Verläufen klagen die Betroffenen vor allem über starke Kopfschmerzen, bei schwereren Fällen sind auch Gehirn und Rückenmark beteiligt. Es kommt etwa zu Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptischen Anfällen. Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden. Bei rund 1 Prozent der Erkrankten verläuft die Infektion tödlich.