Vier Neue am Start |
Sven Siebenand |
18.09.2020 08:30 Uhr |
Mit Entrectinib (Rozlytrek® 100 und 200 mg Hartkapseln, Roche) kam Anfang September ein weiterer neuer Kinasehemmer in den Handel. Er kann – unabhängig von der Gewebeart – bei allen soliden Tumoren eine Therapieoption darstellen, wenn zuvor eine sogenannte NTRK-Genfusion nachgewiesen wurde, wenn die Tumore lokal fortgeschritten oder metastasiert sind oder wenn eine chirurgische Resektion wahrscheinlich eine hohe Morbidität zur Folge haben wird und für die keine zufriedenstellenden Therapieoptionen zur Verfügung stehen. Zudem dürfen die Patienten nicht mit einem anderen TRK-Hemmer vortherapiert sein.
Die Abkürzung NTRK steht für Neurotrophe Tropomyosin Rezeptorkinase. Insgesamt gibt es im Körper drei NTRK-Gene, die jeweils für eine Tropomyosin-Rezeptorkinase (TRK) kodieren. Fusioniert ein NTRK-Gen mit einem anderen Gen im Körper, kann das daraus gebildete TRK-Fusionsprotein dauerhaft aktiv sein. Das kann zu unkontrolliertem Zellwachstum führen. Wie das bereits 2019 in den Handel gekommene Larotrectinib (Vitrakvi®) ist auch Entrectinib ein TRK-Inhibitor.
Ferner hemmt Entrectinib auch die Tyrosin-Proteinkinase ROS (ROS1). Auch beim ROS1-Gen können Genfusionen vorkommen, die zu einer unkontrollierten Zellproliferation führen. Dies ist zum Beispiel beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) der Fall. Entrectinib darf daher auch zur Behandlung von Erwachsenen mit ROS1-positivem, fortgeschrittenen NSCLC eingesetzt werden, die die zuvor keine Behandlung mit ROS1-Inhibitoren erhalten haben.
Die empfohlene Dosis von Entrectinib beträgt bei Erwachsenen 600 mg einmal täglich. Die Dosierung bei Kindern und Jugendlichen basiert auf der Körperoberfläche. Empfohlen werden 300 mg/m2 einmal täglich. Wenn sich der Patient nach Einnahme übergeben muss, kann er diese Dosis erneut einnehmen. Im Falle von Nebenwirkungen kann der Arzt die Unterbrechung der Therapie, eine Dosisreduktion oder den Abbruch der Behandlung veranlassen.
Die gleichzeitige Gabe von starken oder moderaten CYP3A-Hemmern erhöht die Plasmakonzentration von Entrectinib, wodurch das Nebenwirkungspotenzial steigt. Die gleichzeitige Gabe ist daher laut Fachinformation zu vermeiden. PTA und Apotheker können zudem darauf hinweisen, den Kinasehemmer nicht zusammen mit Grapefruit einzunehmen. Die gleichzeitige Anwendung mit starken oder moderaten CYP3A-Induktoren verringert die Plasmakonzentration des neuen Krebsmedikaments, was dessen Wirksamkeit negativ beeinflussen kann.
In der Fachinformation finden sich weitere Warnhinweise, zum Beispiel zum möglichen Auftreten kognitiver Störungen, zum Frakturrisiko und zum Anstieg des Harnsäurespiegels. Dieser sollte regelmäßig überprüft werden. Ebenso wird die mögliche Verlängerung des QT-Intervalls am Herzen thematisiert. Empfohlen wird, regelmäßig ein EKG zu machen und die Elektrolytwerte zu bestimmen.