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Zwischen Aberglaube und Hausmittel
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Warzen selber besprechen – so funktionierte das alte Heilritual

Gewöhnliche Warzen (Verrucae vulgares) treten meist an Händen, Füßen oder am Kopf auf. Sie sind zwar harmlos, aber unschön. Daher suchen die Betroffenen nach Wegen, sie wieder los zu werden. Die Volksmedizin kennt eine große Anzahl mystischer, kurioser, manchmal auch abstoßender Warzenmittel. Auch die moderne Medizin muss anerkennen, dass diese manchmal sogar helfen.
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AutorKontaktErnst-Albert Meyer
Datum 22.12.2025  10:00 Uhr
Warzen selber besprechen – so funktionierte das alte Heilritual

Obwohl jeder Dermatologe heute quasi als »Nebentätigkeit« Warzen entfernt, ranken sich immer noch zahlreiche Fantasien um Verrucae vulgares. Und das hat einen Grund: Seit Jahrhunderten glauben die Menschen, dass aus einer Warze Krebs entstehen kann. Deshalb mieden sie früher bestimmte Situationen, die – nach ihrer festen Überzeugung – eine Warzenbildung auslösen. So durfte man nicht auf die Stelle treten, wo sich ein Pferd gewälzt hatte. Auf keinen Fall sollte man sich die Hände in Wasser waschen, in dem Eier gekocht wurden oder aus dem Hühner getrunken hatten. Das führte hundertprozentig zu Warzen. Auch war die Ansicht weit verbreitet, das Blut aus einer Warze erzeuge auf der gesunden Haut neue Warzen. Doch der Aberglauben ging noch weiter: Warzen im Gesicht bedeuteten, dass der Ehepartner bald stirbt und man Witwe oder Witwer wird.

In Europa ist seit langem der Glaube weit verbreitet, durch »Knotenbinden« oder »Knüpfen« ließen sich Warzen beseitigen. Als Beispiel ein jahrhundertealtes Rezept: »Wenn du Warzen hast, so mache so viele Knoten auf einem Bindfaden, als es Warzen sind. Diesen Bindfaden sollst du unter der Dachtraufe vergraben. Ist der Faden vermodert, so bist du auch die Warzen los.« Das »Knotenbinden« oder »Knüpfen« gehört zu den sogenannten sympathetischen Heilweisen. Um sich von einer Krankheit zu befreien – in diesem Fall von den Warzen – werden diese symbolisch übertragen – hier auf einen Faden. Sind die Knoten verfault, bedeutete das auch das Ende der Warzen. Aber Vorsicht: Wer die Warzen-Knoten eines anderen zählt, bekommt selbst Warzen. In der Gegend um Tilsit in Ostpreußen schneiden die Menschen in ein Leinenläppchen so viele Löcher, wie Warzen vorhanden sind. Dann legen sie den Lappen unter einen Schweinetrog. Ist er verfault, sind auch die Warzen verschwunden, so der Aberglaube.

Typisch für das »Übertragen« der Warzen ist auch folgendes Rezept aus der Steiermark: Der von Warzen Geplagte schneidet sich von einem Haselnuss-Strauch einen kräftigen Stock ab, den sogenannten »Warzenstecken«. In dessen Rinde macht er so viele Kerben, wie er Warzen hat. Dann wirft er den Stock – ohne sich umzusehen – hinter sich auf die Straße. Wer den Warzenstecken aufhebt, bekommt die Warzen.

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