Was das Urteil zu Rx-Boni bedeutet |
Doc Morris hatte die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) auf Schadensersatz verklagt, weil diese mehrere einstweilige Verfügungen gegen den Versender erwirkt hatte, mit denen dessen Werbeaktionen (Rx-Boni) wie etwa Prämien für die Rezepteinlösung und Gutscheine für nachfolgende Bestellungen untersagt wurden.
Der Online-Versender sah sich im Nachhinein jedoch zu Unrecht ausgebremst. Denn der EuGH hatte 2016 festgestellt, dass die damals im Arzneimittelgesetz verankerte Arzneimittelpreisbindung für Rx-Arzneimittel europarechtswidrig ist. Danach durften Versender mit Sitz im EU-Ausland deutschen Kunden Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente anbieten, während für die Apotheken hierzulande die Rx-Preisbindung gilt.
Mit dem Umzug des Rx-Boni-Verbots in das Sozialgesetzbuch V im Dezember 2020 hat der deutsche Gesetzgeber auf dieses Urteil reagiert. Seitdem gilt zumindest im GKV-Bereich wieder ein Bonusverbot, was die Versender bisher allerdings auch nicht abschreckt Prämien für die Einlösung von Rezepten auszuloben.
Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Schadensersatzanspruch bejahte, rief die AKNR den Bundesgerichtshof an, der dem EuGH wiederum einige Punkte zur Klärung vorlegte. Nun muss der BGH in Karlsruhe entscheiden, wie es weitergeht. Der Versender fordert 18 Millionen Euro Schadensersatz. Der BGH wird die EuGH-Entscheidungen in seinem Urteil berücksichtigen, dabei aber wohl auch noch weitere Aspekte wie das deutsche Preisrecht in den Blick nehmen müssen.
Das Urteil bestätige, dass Arzneimittel eine besondere Ware seien, hieß es in einer ersten Reaktion der Apothekerkammer Nordrhein. Armin Hoffmann, Kammerpräsident in Nordrhein sowie Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), betonte, falsch oder im Übermaß angewendet, könnten Arzneimittel gefährlich werden. »Das haben die Luxemburger Richter genauso gesehen und der Praxis ausländischer Arzneimittel-Versender einen Riegel vorgeschoben, mit Boni und Gutscheinen zu arbeiten, durch die Verbraucher zum Erwerb nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel motiviert werden sollen.«
Von der Kammer heißt es weiter, dass mit der heutigen Entscheidung das EuGH-Urteil von 2016 weiter relativiert werde, das in der deutschen Arzneimittelpreisbindung einen Verstoß gegen Unionsrecht sah. Denn dieses Urteil stelle keinen »Freifahrtschein für sämtliche Werbeaktionen im Zusammenhang mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln« dar, so Bettina Mecking, Geschäftsführerin und Justiziarin der AKNR.
Auch ABDA-Präsident Thomas Preis äußerte sich zu dem Urteil. Die Möglichkeit des Gutschein-Verbots diene dem Verbraucherschutz, so Preis. »Gutscheinaktionen dürfen in keinem Fall dazu führen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer übermäßigen Einnahme von Arzneimitteln motiviert werden.«
Andererseits sei entschieden worden, dass die Mitgliedstaaten Preisnachlässe und Zahlungen beim Einlösen von Rezepten nur verbieten können, wenn diese entweder irreführend sind oder ein Verbot nach den Grundsätzen des freien Warenverkehrs gerechtfertigt ist. Preis dazu: »Die Apothekenzahl ist seit Jahren stark rückläufig, wir müssen weitere Apothekenschließungen unbedingt vermeiden. Dazu gehört nicht nur eine ausreichende wirtschaftliche Stabilisierung der Apothekenbetriebe – sondern auch Schutz vor einem ruinösen Preiswettbewerb.«