Was sind eigentlich Ceramide? |
Wer sich intensiver mit wirksamen Inhaltsstoffen für die Haut auseinandersetzt, weiß, dass Ceramide echte Allrounder sind. / © Getty Images/Tanja Ivanova
Im Prinzip besitzt unsere Haut eine dreifache Barrierefunktion, deren Komponenten miteinander wechselwirken: die Epidermis als physikalische Barriere, das Hautmikrobiom, das für den Säureschutzmantel verantwortlich ist und Erreger abhält, sowie die immunologische Barriere. Als hauteigene Lipide sind Ceramide wesentlicher Bestandteil der obersten Hautschicht, des Stratum corneums, und übernehmen quasi hauptverantwortlich die Bodyguard-Aufgabe.
Diese oberste Hornschicht besteht aus einem Gemisch von Wasser und Lipiden, was die vielen kleinen, abgestorbenen Hautzellen, die sogenannten Korneozyten, miteinander verbindet (siehe Grafik). Die dort ansässigen Lipide halten das Zellgeflecht gewissermaßen als Kittsubstanz zusammen, dichten Zwischenräume zu den übrigen Hornzellen ab und machen dadurch die Barriere wasserdicht.
Mit einem Anteil bis annähernd 60 Prozent stellen die Ceramid-Moleküle den Hauptanteil der interzellulären Lipide in der Hornschicht dar. Zusammen mit anderen Lipiden wie Cholesterol und Fettsäuren bilden sie eine lamellare Schicht. Weil zwischen den lamellaren Strukturen der interzellulären Lipide Wasser gebunden wird, steuern Ceramide wesentlich den Feuchtigkeitsgehalt der Haut. Sie halten die Haut weich und geschmeidig. Mit dem Alter lässt allerdings die körpereigene Ceramidproduktion nach.
Mit einem Anteil von bis zu 60 Prozent stellen Ceramide den Hauptanteil der interzellulären Lipide in der Hornschicht dar. Zusammen mit anderen Lipiden wie Cholesterol und Fettsäuren bilden sie eine lamellare Schicht. Weil zwischen den lamellaren Strukturen der interzellulären Lipide Wasser gehalten wird, sorgen Ceramide für eine gute Durchfeuchtung der Haut. / © PZ-Grafik/Jens Ripperger
Damit wird klar: Mangelt es dem Körper an Ceramiden, trocknet die Haut schneller aus, die Hautbarriere bröckelt, wodurch sie anfälliger für Umwelteinflüsse und reizende Substanzen wird. Die Haut wird trocken, faltig, reagiert empfindlich und neigt zu Rötungen und Juckreiz. Feuchtigkeit kann dann leichter aus der Haut verdunsten und Umweltstoffe können durch die löchrige Barriere eindringen und Reizungen sowie allergische Reaktionen verursachen. Auch Fältchen und Falten werden sichtbarer, wenn die Haut trockener wird.
Im menschlichen Stratum corneum tummelt sich eine ganze Reihe an unterschiedlichen Ceramid-Molekülen; mehr als 1500 verschiedene sollen es sein. Weil sich hauteigene Ceramide nur schwer in Kosmetika verarbeiten lassen – sie haben einen hohen Schmelzpunkt und kristallisieren schnell wieder aus –, setzen die Forschungslabore von Kosmetik- und Arzneimittelherstellern auf Ceramid-Derivate, die dem körpereigenen Vorbild möglichst nahekommen. Die Rede ist dann von biomimetischen Ceramiden. Vorreiter ist hier der Kao-Konzern, dessen japanische Hautpflegemarke Curél seit Anfang des Jahres exklusiv in deutschen Apotheken erhältlich ist. Die Serie umfasst verschiedenste Zubereitungen zum Reinigen und Pflegen: Gele, Schäume, Sprays, Fluids und Cremes.
Natürliche oder annähernd hautidentische Ceramide können per Topikum direkt der Haut zugeführt werden. Phytosphingosin und Sphingolipide sind Ceramidvorstufen, die in Kosmetika eingearbeitet werden und der Epidermis helfen, selbst wieder mehr Ceramid zu produzieren. Auch eine intakte Hautflora schafft es, die Ceramidbildung anzuregen und lange auf hohem Level zu halten. So ließ sich in Studien die Hautbarriere durch die Zugabe von Bakterien, etwa von Lactobacillus casein, L. gasseri, Bifidobacterium animalis subsp. lactis oder B. longum (in Omnibiotic® Skin Intensiv Pflegesalbe), wieder regenerieren.
Auf der Inhaltsstoff-Liste (INCI) werden die enthaltenen Ceramide mit verschiedenen Kürzeln versehen. Diese ergeben sich aus der speziellen Struktur des jeweiligen Ceramids. NP steht zum Beispiel für N-Stearoyl-Phytosphingosin, Ceramid BP meint Isostearoyl-Phytosphingosin und Phosphatidylcholin wird mit PC abgekürzt.
Da Ceramide ein natürlicher Bestandteil der Haut sind, profitiert grundsätzlich jede Haut von einer entsprechenden Creme, einem Serum oder Spray. Je gestresster oder pflegebedürftiger sie ist, desto größer ist der Effekt. Vor allem eignen sich Ceramide und ihre Derivate als Anti-Aging-Wirkstoffe, weil sie die Hautbarriere regenerieren und helfen, Feuchtigkeit lang anhaltend einzuschließen. Die Haut fühlt sich weicher und geschmeidiger an, bekommt durch die Feuchtigkeitsunterfütterung einen frischen, gesunden Glow und findet zurück in ihre Balance.
Tipp: Es empfiehlt sich, darauf zu achten, dass die Ceramid-Kosmetik auch Antioxidanzien enthält. Ansonsten sollte man sie mit einem weiteren entsprechenden Präparat kombinieren. Warum? Als Fette sind Ceramide anfällig für Lipidperoxidation, also die Zerstörung durch freie Radikale. Enthält die Formulierung zusätzlich Antioxidanzien wie Vitamin C und E, Coenzym Q10, Resveratrol oder Astaxanthin, werden freie Radikale wieder unschädlich gemacht. Die Membranen der Haut werden geschützt.
Die Wahl der richtigen Grundlage ist auch für Menschen mit trockener Haut sehr wichtig, um den transepidermalen Wasserverlust (TEWL, Trans Epidermal Water Loss) im Rahmen zu halten. Dieser ist bei trockener Haut – und folglich bei vielen Diabetikern – erhöht und setzt der Hautbarriere zu. Bei gesunder Haut liegt der TEWL für gewöhnlich bei einem halben bis dreiviertel Liter Wasser pro Tag bezogen auf die gesamte Körperoberfläche. Ist die epidermale Hautbarriere gestört, etwa infolge von Kälte, trockener Luft oder bei großflächiger Anwendung einer ungeeigneten, stark wasserhaltigen Emulsion, kann der TEWL auf Werte über 2 Liter ansteigen. Das würde die Austrocknung nur verstärken.
Auch bei Hauterkrankungen ist es sinnvoll, Ceramid-haltige Externa ins Pflegeritual aufzunehmen. Studien haben sowohl ein verändertes Ceramidprofil als auch verminderte Ceramid-Konzentrationen in der Epidermis von Neurodermitis- und Schuppenflechte-Patienten nachgewiesen. Insofern ist die Substitution von außen von Vorteil und hilft, die Hautbarriere wieder aufzubauen. Schübe werden verringert.