Welche Ernährung tut den Nieren gut? |
Juliane Brüggen |
03.08.2023 10:30 Uhr |
»Auch beim Eiweiß ändert sich im Moment der Trend«, so Fleig. Die Studie, die einen geringen Effekt der proteinarmen Ernährung auf das Fortschreiten der CKD zeigte, stammt aus dem Jahr 1989. Damals gab es noch keine wirksamen, medikamentösen Therapieoptionen. Das ist mittlerweile anders, eine strenge Restriktion sei daher oft nicht mehr erforderlich, betont die Medizinerin. Im Gegenteil: »Mit dem Verzicht auf Eiweiß steigt das Risiko einer Mangelernährung.« Bei einem Mangel kommt es zu Muskel- und Knochenabbau bis hin zur Sarkopenie.
»Der Fokus sollte deshalb darauf liegen, den Muskelzustand mindestens zu erhalten. Dazu sind circa 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht Eiweiß pro Tag notwendig«, so Fleig. Zu beachten sei, dass diese Proteinmenge bei einer normalen Ernährung schnell erreicht ist. »Die Empfehlung kehrt sich nicht ins Gegenteil um: Es wird keine besonders proteinreiche Kost bei CKD empfohlen, es sei denn, es besteht bereits eine Mangelernährung oder eine Sarkopenie, die dies begründet.«
Auch die Leitlinien der Organisation KDIGO (engl. Kidney Disease: Improving Global Outcomes) empfehlen der Medizinerin zufolge nur einer kleinen Patientengruppe eine eiweißreduzierte Ernährung, und zwar den »metabolisch stabilen« CKD-Patienten. »Im Übrigen stehen wir heute therapeutisch wesentlich besser da als zu Zeiten der Studie: wir haben jetzt die SGLT2-Hemmer, die viel besser sind als nur eine eiweißarme Diät.«
Es ist laut Fleig übrigens ein Trugschluss, anzunehmen, dass hochwertiges Protein nur aus Fleisch kommt. »Man weiß inzwischen, dass – wenn man sein Eiweiß aus verschiedenen pflanzlichen Quellen bezieht, Hülsenfrüchten, Körnern und so weiter, man sich also nicht einseitig ernährt – auch alle Aminosäuren enthalten und verfügbar sind, die man braucht.« Und weiter: »Man kann auch mit rein pflanzlichen Eiweißquellen Muskulatur wiederaufbauen; die tierischen Eiweiße sind also nicht ›besser‹!«