Welche Selbsttests sinnvoll sind – und welche nicht |
Vorsicht geboten ist auch bei Hormontests. Cortisolmangel könne die Ursache dafür sein, dass man sich gestresst fühle, heißt es von Herstellern. Ein Speicheltest bringe Gewissheit. Ähnliche Versprechen gibt es auch für Sexual- oder Schilddrüsenhormone.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in Altdorf rät davon ab, solche Tests in Eigenregie zu machen. Die Qualität sei nicht gesichert und die Ergebnisse könnten ungenau sein, weil der Hormonspiegel abhängig zum Beispiel von der Tageszeit sei, betont DGE-Experte Alexander Mann. »All diese Faktoren werden bei der Bewertung in einer Fachpraxis berücksichtigt.« Sinnvoll könnten dagegen Ovulationstests bei Frauen mit Kinderwunsch sein.
Ungenaue Selbsttests könnten Patientinnen und Patienten verunsichern, zu überflüssigen Behandlungen führen – oder sogar dazu, dass notwendige verschleppt werden, sagt der Bremer Mediziner Hans-Michael Mühlenfeld. »Viele Menschen fühlen sich müde oder kraftlos und bekommen in der Werbung zu sehen, dass dies und das hilft.« Es sei aber nicht hilfreich, wahllos auf Vitamin- oder Mineralstoffmangel zu testen und Nahrungsergänzungsmittel zu schlucken.
Von Beschwerden auf eine Krankheit zu schließen, sei ein komplexer Vorgang, sagt der Experte für hausärztliche Praxis der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. »Das ist nicht damit getan, dass man irgendwelche Tests macht.« Außerdem sei es wichtig, die Ergebnisse einzuordnen. Ein Beispiel dafür sei Cholesterin. Ein hoher Wert sei nicht per se schlecht, sondern werde erst im Zusammenspiel mit anderen Merkmalen wie Übergewicht, hohem Blutdruck oder Rauchen ein Risiko.
Es gibt Menschen, die sehr um ihre Gesundheit besorgt sind. Andere dagegen zögern lange, bis sie zum Arzt gehen. Selbsttests könnten das noch befördern, meint Mühlenfeld. Müdigkeit etwa könne verschiedene, oft harmlose Ursachen haben, aber manchmal stehe eine ernsthafte Erkrankung dahinter. »Wenn man dann erst einmal mit Nahrungsergänzungsmitteln arbeitet, verzögert man natürlich unter Umständen die Diagnostik und vielleicht eben auch eine gezielte Therapie.«