Wenn es klingelt, summt und piepst |
Barbara Döring |
04.09.2023 15:00 Uhr |
Beratung und Aufklärung spielen bei der Behandlung des Tinnitus dagegen eine entscheidende Rolle: »Dem Patienten die Angst vor dem Tinnitus zu nehmen, ist ein wichtiger Aspekt der Therapie«, weiß der HNO-Experte. Der zweite Aspekt sei, über eine Neuromodulation die Wahrnehmung für die Ohrgeräusche zu verlieren und es als unwichtig einzuordnen. »Das Gehirn soll lernen, die Ohrgeräusche als bedeutungslos einzuordnen und nicht als gefährlich abzuspeichern«, erklärt Lenarz. Um dem Gehirn diesen Lernschritt zu erleichtern, gibt es verschiedene Hilfsmöglichkeiten.
Laut Lenarz haben sich die folgenden Methoden bewährt: Sogenannte Noiser sind Geräte, die wie ein Hörgerät getragen werden und dem Gehirn ein künstliches Ohrgeräusch anbieten. »Irgendwann ordnet das Gehirn das eigene Ohrgeräusch in die gleiche Kategorie ein und es wird nicht mehr oder kaum noch wahrgenommen«, so Lenarz. Ein weiteres Verfahren ist die bimodale Neuromodulation mit dem Gerät Lenire®. Über mehrere Wochen wird damit einmal täglich über die Zunge der Bereich des Gehirns stimuliert, der Belästigung und andere unangenehme Dinge wahrnimmt. Gleichzeitig erhält der Betroffene über Kopfhörer eine akustische Stimulation. Nach ein paar Wochen bestehen gute Chancen, dass der Tinnitus nicht mehr als belästigend wahrgenommen wird.
Eine dritte Möglichkeit, den Tinnitus in der Wahrnehmung in den Hintergrund zu drängen, bietet die App Kalmeda, die der Arzt verschreiben kann. Die digitale Anwendung hilft, Techniken zu entwickeln, um mit Ängsten oder Nervosität im Zusammenhang mit dem Tinnitus umzugehen und ihn nicht als störend zu empfinden. Auch eine kognitive Verhaltenstherapie kann Betroffenen helfen. Sie zielt ebenfalls darauf ab, die Ohrgeräusche als weniger belastend einzuordnen. Ob der Tinnitus dank der Hilfsmittel substanziell leiser wird oder ob Patienten ihn nur als leiser empfinden, lässt sich nicht genau sagten. »Doch darauf kommt es gar nicht an, denn wie Geräusche wahrgenommen werden, ist immer ein subjektives Empfinden«, sagt Lenarz.
Übermäßiger Lärm kann die empfindlichen Sinneszellen im Innenohr schädigen. Sie besitzen haarähnliche Strukturen, die den Schall aufnehmen und als elektrischen Impuls ans Gehirn weiterleiten. Einmal geschädigte Haarzellen können sich nicht regenerieren und führen dann zu Hörminderung oder Tinnitus.
Deshalb ist ein guter Gehörschutz immer dann wichtig, wenn es wie bei Konzerten, Fußballspielen oder handwerklichen Arbeiten sehr laut werden kann. Dabei gilt, Ohrenstöpsel tief genug im Gehörgang zu platzieren und darauf zu achten, dass die Dichtungskissen von Ohrenschützern nicht veraltet und porös sind.