Wie Augenveränderungen behandelt werden |
Verena Schmidt |
17.08.2022 08:30 Uhr |
Voraussetzung für eine Behandlung der Augen ist immer die gute Stoffwechseleinstellung der Schilddrüse. Bei leichten Formen ist in der Regel die Kontrolle der Risikofaktoren ausreichend. Tränenersatzmittel und/oder Salben lindern Trockenheit und Fremdkörpergefühl. Die Einnahme von Selen kann zudem das Fortschreiten der Erkrankung verhindern.
Bei schwereren Symptomen rät eine neue europäische Leitlinie (»Clinical Practice Guidelines for the Medical Management of Graves’ Orbitopathy«) zu einer Doppeltherapie aus Methylprednisolon-Infusionen über zwölf Wochen plus Einnahme des Immunsuppressivums Mycophenolat für sechs Monate. Die Infusionen erfolgen einmal pro Woche, Mycophenolat wird zwei Mal täglich eingenommen. »Mit dieser neuen Doppeltherapie haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht«, berichtet Professor Dr. Anja Eckstein, Leiterin des Orbitazentrums am Universitätsklinikum Essen, in der Pressemeldung. »Schmerzen, Schwellungen und Druckgefühle verschwinden, auch die Augen treten etwas zurück.« Nur die Doppelbilder ließen sich so meist leider nicht bessern, schränkt Eckstein ein, die selbst an der Erstellung der Leitlinie beteiligt war. Alternativ könne auch eine alleinige, wöchentliche Cortisol-Hochdosistherapie über drei Monate gewählt werden.
Schlagen die genannten Therapieoptionen innerhalb von sechs bis acht Wochen nicht an, ist alternativ auch der Einsatz von zwei Biologika möglich: Tocilizumab und Rituximab sind eigentlich zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen. Die Anwendung bei der endokrinen Orbitopathie muss dann off Label erfolgen, die Erstattung zuvor bei der Krankenkasse beantragt werden.
In den USA wurde 2020 mit Teprotumumab der erste Wirkstoff speziell zur Behandlung der endokrinen Orbitopathie zugelassen. Es handelt sich um einen IGF-1-Rezeptor-Antikörper: Die Überexpression des IGF-1-Rezeptors (Insulin-like growth factor 1) in den Bindegewebszellen hinter dem Augapfel und den B- beziehungsweise T-Zellen spielt bei der Entstehung der endokrinen Orbitopathie eine wichtige Rolle.
»Die Augen treten im Durchschnitt 3 Millimeter zurück, das ist viel«, so Eckstein. Allerdings gibt es auch schwerwiegendere Nebenwirkungen: In Studien traten etwa Hörstörungen bis hin zum Hörverlust auf, zum Teil irreversibel. Zudem ist das Arzneimittel sehr teuer und in Europa bisher noch nicht zugelassen.
Gegen das Sehen von Doppelbildern kann in manchen Fällen auch eine Brille helfen, in die Prismen eingeschliffen oder auf die Prismenfolien geklebt werden. Ist die Augenbeweglichkeit eingeschränkt, kommt auch eine sogenannte Orbitaspitzenbestrahlung in Betracht: Das wuchernde Gewebe wird dabei mit harter Röntgenstrahlung bestrahlt. Bei schwerem visusbedrohendem Verlauf kann eine Dekompression der Augenhöhle durchgeführt werden. Diese wird dabei durch einen Schnitt vergrößert, sodass sich das wuchernde Fettgewebe ausdehnen kann.