Wie gut wären wir vorbereitet? |
Das Vogelgrippevirus hat Experten zufolge das Potenzial für eine Pandemie. Mit einer neuen Gruppe der Viren haben sich in den USA auch zahlreiche Rinder infiziert. / Foto: Getty Images/Smederevac
Das Virus H5N1 befällt seit Jahrzehnten verstärkt Vögel – zunächst in Asien, inzwischen nahezu weltweit. Auch Säugetiere erkrankten daran. Seit einigen Jahren breitet sich eine besondere Gruppe von H5N1-Viren aus, die sogenannte Klade 2.3.4.4b, mit der sich in den USA auch zahlreiche Rinder angesteckt haben. Rinder mit H5N1-Infektion gab es bislang nicht. Wie die Übertragung vom Wildvogel auf eine Kuh ablief, ist noch unklar. Sicher ist, dass sich inzwischen auch Menschen bei den Rindern angesteckt haben. Vier Fälle wurden laut der US-Gesundheitsbehörde CDC bis Mitte des Jahres im Kontext des Ausbruchs in US-amerikanischen Milchviehhaltungen erfasst.
Für Menschen in Deutschland besteht dem Infektiologen Leif Erik Sander von der Berliner Charité zufolge derzeit kein Grund zur Sorge. Bisher sind H5N1-infizierte Rinder nur in den USA registriert worden. In Deutschland wurde der Erreger weder in Kühen noch in Milch nachgewiesen. Bei den infizierten Menschen in den USA verliefen die Infektionen zudem bislang recht milde. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt das Risiko für die öffentliche Gesundheit der Allgemeinbevölkerung als gering ein.
Trotzdem hält Sander den Befall von Rindern für besorgniserregend, weil sich das Virus in einer großen Population von Säugetieren vermehre, die vom Menschen genutzt würden. Eine der größten Sorgen sei, dass sich das Virus weiter anpasst. »Wenn sich das Virus stark in einer Spezies verbreitet, ist die Sorge, dass es sich an andere Säugetiere adaptieren kann oder sich mit anderen Influenzaviren vermischt. Das würde ermöglichen, dass es auch stärker Menschen befällt und es womöglich dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte.«
Die Impfstoff-Situation ist laut Sander eine ganz andere als bei Corona, wo ein Prototyp erst hergestellt werden musste. Für eine ganze Reihe von Unternehmen ist die Entwicklung von Impfstoffen gegen neue Grippevirenstämme Routine, weil sie das zweimal jährlich auch für die saisonalen Grippeimpfstoffe machen, wie ein Sprecher des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) erklärte.
Nötig ist je einer für die Süd- und die Nordhalbkugel der Erde. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist wie die saisonale Grippe ein Influenza-A-Virus. Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts sind in der Europäischen Union mehrere H5N1-Impfstoffe zugelassen. Diese würden entweder mithilfe von Hühnereiern oder durch Vermehrung der Viren auf Zellkultur produziert, so wie die saisonalen Influenza-Impfstoffe auch.
Die EU sicherte kürzlich 665.000 Impfdosen des Herstellers CSL Seqirus gegen die Übertragung der Vogelgrippe von Tieren auf Menschen für mehrere Mitgliedsstaaten. Deutschland beteiligt sich derzeit nicht.