Wie Pestizide auf Gehirnzellen wirken |
In diese Richtung äußert sich auch Professor Dr. Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie an der Universität Kiel und stellvertretende Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Angesichts »der rapide steigenden Zahl der Parkinson-Erkrankungen« sei es wichtig, den möglichen Beitrag von Pestiziden weiter zu erforschen und in die aktuellen Diskussionen mit einzubeziehen, forderte sie in einer Mitteilung der DGN vom 8. September.
Die neurotoxischen Wirkungen von Pestiziden seien lange bekannt. So würden Substanzen wie MPTP und Rotenon, die als Pestizid verwendet wurden oder noch werden, auch genutzt, um Tiermodelle für die Erforschung der Parkinson-Erkrankung zu generieren. Zudem werde Parkinson in Frankreich bei Personen, die in der Landwirtschaft gegenüber Pestiziden exponiert waren, als Berufskrankheit anerkannt.
Für viele Pestizide sei ein direkter toxischer Effekt auf das Nervensystem nachgewiesen. Glyphosat verändere zum Beispiel die Neurotransmitter-Konzentrationen im Nervensystem und trage zu einem zellschädlichen Milieu bei. Zudem könnten auch indirekte Effekte, etwa über eine Veränderung des Mikrobioms, eine Rolle bei der Pathologie spielen.
In der DGN-Mitteilung werden auch weitere Umwelttoxine benannt, die das Parkinson-Risiko erhöhen könnten. So wird eine Rolle für das Lösungsmittel Trichlorethylen, für Mangan, Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid, Feinstaub, chemische Weichmacher wie Bisphenol A und Nanoplastik diskutiert.
Zum Effekt von Nanoplastik erschien aktuell eine Studie im Fachjournal »Science Advances«. Darin berichtet ein Team um Dr. Zhiyong Liu von der Duke University in Durham, USA, dass in In-vitro-Untersuchungen winzige Partikel des Plastiks Polystyrol mit α-Synuclein interagieren können. Das Protein kommt in Neuronen vor und kann in einer fehlgefalteten Form zum Nervenzellverlust bei Parkinson oder bei der Lewy-Körperchen-Demenz beitragen. Die Forschenden konnten zeigen, dass sich das Nanoplastik mit α-Synuclein verbindet und dessen Verklumpung verstärkt. Bei Mäusen verschlimmerte die Gabe von Nanoplastik in Kombination mit α-Synuclein-Fibrillen die Ausbreitung der α-Synuclein-Pathologie in miteinander verbundenen Hirnregionen.
Die Hinweise aus der Forschung nähmen zu, dass Umwelttoxine die Parkinson-Inzidenz zusätzlich erhöhen könnten, was eine Erklärung für den überproportionalen Anstieg sein könne, sagt Berg. Politik und Gesellschaft seien gefordert, die Einträge zukünftig zu verringern. Zudem sollte die Forschung in diesem Bereich gestärkt werden.