Wie Riechen und Migräne verknüpft sind |
Juliane Brüggen |
07.09.2022 16:30 Uhr |
Dass Migräne-Patienten einfach einen besseren Geruchssinn haben als andere Menschen, konnte sich laut Goßrau im Riechtest nicht bestätigen – eher war das Gegenteil der Fall. Migräne-Patienten zeigten im Test ein schlechteres Riechvermögen als die Kontrollgruppen. Unter den Patienten, die an Migräne mit Aura litten, war die Geruchswahrnehmung schlechter als bei den Patienten ohne Aura.
Die Befunde eines schlechteren Riechvermögens stünden aber in Einklang mit bereits vorliegenden Erkenntnissen aus MRT-Untersuchungen, so die Fachärztin für Neurologie. »Ein wesentliches Element des Riechsystems im Gehirn ist der Riechkolben. Dieser hat ein gewisses Volumen bei Gesunden. Die morphologischen MRT-Befunde zeigen, dass das Volumen des Riechkolbens bei Patienten mit Migräne kleiner ist.«
Unter dem Mikroskop erkenne man außerdem, dass die Riechsinneszellen in der Riechschleimhaut eng mit Trigeminus-Fasern verknüpft sind. Diese Nervenfasern spielen eine wesentliche Rolle für die Übertragung von Schmerzsignalen beim Migräne-Kopfschmerz. Die Ärztin erklärte, dass auch die »Riechareale« im Gehirn durch Reize des Trigeminus aktiviert werden: »Das zeigt, dass die zwei Systeme, also Riechen und Trigeminus-System, sehr eng zusammenhängen.«
Die Ergebnisse lassen hoffen, dass ein Riechtraining die Symptome der Migräne mildern oder gar eine Chronifizierung verhindern kann. Dazu liegen laut Goßrau bereits erste Untersuchungen vor. Die teilnehmenden Migräne-Patienten führten zweimal täglich über einen Zeitraum von drei Monaten ein Riechtraining durch. Die Düfte – häufig waren Rose und Citrusfrüchte – werden dafür in spezielle Filzstifte (Riechstifte) eingebracht, an denen die Teilnehmer für mindestens 15 bis 20 Sekunden riechen.
In drei Versuchsreihen, von denen zwei mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt wurden, zeigten die Teilnehmer nach dem Riechtraining eine höhere trigeminale Schmerzschwelle, das heißt, sie waren weniger schmerzempfindlich im Gesichtsbereich. Goßrau interpretierte die Ergebnisse als »erste Effekte, die zukunftsweisend sein könnten.« Es bedürfe aber noch mehr Forschung auf diesem Gebiet.