Wie wird die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte behandelt? |
Die erste Operation erfolgt ab dem sechsten Lebensmonat und nach dem Grundsatz »von innen nach außen«: Zunächst werden die Nasenhaupthöhlen und die Mundhöhle gebildet, indem die trennenden Schichten – das Gaumengewölbe, der Kieferkamm und der Nasenboden – nachgeformt werden. Nasenatmung, Saugen, normales Schlucken und ein besseres Hören werden möglich. Dafür muss der junge Patient oder die junge Patientin in der Regel eine Woche im Krankenhaus bleiben.
In einer zweiten Operation, die circa acht bis zehn Wochen später ansteht, werden Lippe, Nase und Mundvorhof ausgeformt. »Letzterer ist bedeutend für die Beweglichkeit der Oberlippe und lässt sich gut ausformen, wenn – wie in der ersten Operation geschehen – der Kieferfortsatz vom Nasenboden bis zum Zahnfleisch vollständig nachgebildet ist«, geht Koch ins Detail. Dieser Krankenhausaufenthalt dauert etwa fünf Tage.
Je früher ein operativer Eingriff durchgeführt wird, umso besser sind die Chancen für eine ungehinderte Sprachentwicklung. Dennoch kann es für die Entwicklung des Kiefers besser sein, erst später zu operieren, da Narbenbildungen das Kieferwachstum behindern können. Hier gilt es von Fall zu Fall individuell zu entscheiden, wozu auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) rät.
Nach den beiden Operationen gelte es zu kontrollieren, wie sich der Nachwuchs entwickelt, erläutert Koch. »Insbesondere muss dabei die Funktion der Zunge im Blick behalten werden, da sie nie eine normale Umgebung hatte.« Auch deshalb muss nach drei bis vier Monaten mit logopädischer und funktionstherapeutischer Expertise untersucht werden, wie das Kind Mund und Zunge bewegt. Auch regelmäßige HNO-Untersuchungen gehören mit zur Therapie. Denn eine gute Mund- und Sprechmotorik sowie gutes Hören sind elementar für eine gute Sprachentwicklung. Steht der beginnende Zahnwechsel mit etwa sieben Jahren an, klärt eine Röntgenkontrolle, wie gut die Knochen ausgeheilt sind und ob eventuell eine Knochentransplantation erforderlich ist, damit die bleibenden Zähne stabil hervorwachsen können.
Sowohl für Eltern als auch für die heranwachsenden Patienten kann eine psychologische Unterstützung hilfreich sein und den Umgang mit der Fehlbildung erleichtern. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten zählen laut BVKJ zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Das Risiko sei auch familiär bedingt, erläutert Koch. »Mit jeder betroffenen Person in der Familie steigt das Risiko für den Nachwuchs.« Allerdings spielen noch weitere Faktoren eine Rolle, sodass PTA werdenden Eltern und Frauen mit Kinderwunsch im Beratungsgespräch ans Herz legen sollten, sich vitaminreich zu ernähren und im Idealfall schon einige Monate vor der Empfängnis B-Vitamine und Folsäure zu ergänzen und von Rauchen oder Alkohol abzusehen.