Wirksam auch bei Covid-19? |
Die aktuellen Studien legen also nahe, dass die Einnahme von Metformin unabhängig von anderen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Adipositas und Bluthochdruck mit einer signifikant niedrigeren Sterblichkeit an Covid-19 assoziiert sein könnte. Welche Wirkmechanismen ausschlaggebend für diesen Effekt sind, ist aber noch unklar.
Dass die Therapie auch Risiken bergen kann, zeigt die Publikation »Praktische Empfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zum Diabetesmanagement bei Patientinnen und Patienten mit einer Covid-19-Erkrankung«. Die Autoren raten, die Gabe von Metformin bei Covid-19-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf kritisch zu überprüfen und die Medikation gegebenenfalls anzupassen. Grund ist, dass als Komplikation einer Therapie mit Metformin (selten) eine Laktatazidose auftreten kann. Diese Stoffwechselentgleisung kann zu einem Multiorganversagen führen. Die DDG plädiert daher dafür, Diabetiker mit schweren Covid-19-Verläufen mit Insulin zu behandeln.
Metformin kann aber noch mehr. Bereits seit Jahren setzen Ärzte das Antidiabetikum bereits off Label beim Polyzystischen Ovarial-Syndrom (PCOS) ein. Bei der Krankheit stellt der weibliche Körper zu viel des männlichen Geschlechtshormons Testosteron her, was Frauen erschwert, schwanger zu werden. Metformin soll dem entgegenwirken.
Auch in der Vorbeugung von Krankheiten scheint die Substanz zu punkten. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass Metformin das Krebsrisiko beziehungsweise die Krebssterblichkeit bei Typ-2-Diabetikern verringern kann. Diese Hinweise gibt es für eine Reihe verschiedener Krebserkrankungen, darunter Darm-, Pankreas-, Prostata- oder Lungenkrebs.
In 2019 wurde eine Studie veröffentlicht, die zeigte, dass Metformin bei weiblichen Mäusen Hirnschäden nach einem Schlaganfall teilweise reparieren kann. Warum das bei männlichen Tieren nicht gelang, erklären Forscher damit, dass Estrogen die Wirkung fördert, Testosteron aber hemmt. Aus Tierversuchen könnte sich auch schließen lassen, dass Metformin die Raucherentwöhnung erleichtert. Wissenschaftler forschen zudem daran, ob das Antidiabetikum die Nebenwirkungen einer oralen Glucocorticoid-Therapie zu reduzieren vermag.
Wie genau Metformin diese und weitere Wirkungen hervorruft, ist bis heute unklar. So ist selbst der Wirkmechanismus bei Diabetes nicht restlos aufgeklärt. Der Klassiker kann also weiterhin für Überraschungen sorgen.
Eine der positiven Wirkungen von Metformin ist, dass die Substanz eine Gewichtsreduktion herbeiführen kann. Wissenschaftler haben nun in humanen und Tierstudien Hinweise dafür gefunden, wie Metformin zum Gewichtsverlust beiträgt. Am Mechanismus scheint der Wachstumsdifferenzierungsfaktor 15 (GDF15) beteiligt zu sein. Das Protein bindet im Gehirnstamm und führt dort ein Sättigungsgefühl herbei. Nach Einnahme von Metformin liegt es im Blutserum vermehrt vor. Daraus ließe sich eine Idee ableiten, Adipositas zu behandeln: Die Gabe des Proteins GDF15 könnte Patienten helfen abzunehmen und bringt möglicherweise als körpereigene Substanz weniger Nebenwirkungen mit sich als andere Therapien.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.