Regelrecht überschüttet würde das NRF-Laboratorium derzeit mit Anfragen bezüglich des Produktes Pigmanorm® der Firma Widmer (bestehend aus 50 mg Hydrochinon, 1 mg Tretinoin, 10 mg Hydrocortison pro g), weil es außer Vertrieb gegangen ist. »Die Apothekenteams treten nun mit der Bitte an uns heran, ob wir nicht eine standardisierte Ersatzrezeptur entwickeln können, nach der die Hautärzte künftig verordnen können«, berichtete die Rezepturexpertin von ihrem NRF-Alltag.
Hydrochinon ist das Mittel der Wahl für die Therapie des Melasmas – eine der häufigsten Formen von Pigmentstörungen, die vor allem Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Pigmanorm war das einzige Hydrochinon-haltige Fertigarzneimittel.
Produktentwicklung benötigt Zeit – das wurde aus den Schilderungen Melhorns deutlich. Die drei Wirkstoffe »einfach zusammenzumischen«, sei nicht ohne Weiteres möglich. »Hydrochinon und Tretinoin sind oxidationsanfällige Wirkstoffe, weshalb die Stabilität sichergestellt werden muss. Als zusätzlich problematisch stellte sich ihre kristalline Eigenschaft heraus. Sie lösen sich nicht in einer Cremegrundlage. Man will ja keinen Peelingeffekt auf der Haut.«
Auch die im niederländischen Rezepturformularium standardisierte Tretinoin-Hydrochinon-Creme auf Basis einer anionischen hydrophilen Creme mit Ethanol-Zusatz sei eine »verdammt komplexe Rezeptur«. Um einen stabilen Ansatz herzustellen, bedürfe es dreier Antioxidanzien – Butylhydroxytoluol, Natriumedetat und Natriummetabisulfit. Dennoch wird derzeit die Kombination mit Hydrocortison von den NRF-Experten geprüft, wie Melhorn berichtete. »Wir checken derzeit die galenische Praktikabilität, die Auswirkungen auf Kompatibilität und Stabilität sind derzeit noch nicht klar. Unser Rat derzeit für die Apotheken: die Zweierkombination zu nutzen, weil sie standardisiert ist, und den Ärzten vorschlagen.«
Seit Sommer neu im NRF aufgenommen werden konnte ein standardisiertes Carbomergel mit Clobetasolpropionat 0,005 % (NRF 11.148.), berichtete die NRF-Leiterin. »Die Rezepturvorschrift ist letztendlich aufgrund des Umstandes entstanden, dass das Betamethasondipropionat-haltige Diprosis® Gel außer Vertrieb gegangen ist. Weil vergleichbare Glucocorticoid-Hydrogele hierzulande nicht verfügbar sind, waren wir gefordert, nach Alternativen zu suchen.«
Weil sich Gele zum Beispiel gut für die Kopfhaut eignen, sind weitere wässrige Carbomergele mit Mometasonfuroat 0,1 % und Prednicarbat 0,08 – 0,25 % für das NRF in Planung. »Nicht wundern«, so Melhorn, »entgegen dem Original sind es opake, nicht durchscheinende Gele, weil der Wirkstoff in der Grundlage suspendiert vorliegt.«
Bereits seit einigen Jahren hat sich die standardisierte Rezepturvorschrift für die hydrophile Prednicarbat-Creme mit Octenidindihydrochlorid (NRF 11.145.) etabliert, und zwar in Konzentrationen für die Pädiatrie und ältere Kinder. »Auch diese Magistralrezeptur ist entstanden aufgrund wiederholter Anfragen in unserer Geschäftsstelle bezüglich Triclosan-Verordnungen für Kleinkinder in Kombination mit Hydrocortison. Da jedoch Triclosan für die Anwendung bei Kleinkindern nicht empfohlen wird, erarbeiteten wir eine Alternative«, so die Referentin.
Octenidindihydrochlorid stellte sich bei der Erarbeitung der Vorschrift nach den Ausführungen Melhorns insofern als problematisch heraus, dass es sich nur sehr langsam in Wasser löst und es sich um eine sehr wasserreiche Cremegrundlage handelt. Zudem zeigt es Unverträglichkeiten mit anionischen Stoffen und Parabenen.