Zu viel »schnelles Glück« stresst am Ende |
Video-Schnipsel und andere Social-Media-Beiträge unterhalten uns und lenken ab. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Erleben wir zu viel davon, richtet das ausgeschüttete Dopamin Schaden an. / © Getty Images/Finn Hafemann
Was tun Sie, wenn Sie im Wartezimmer beim Arzt sitzen? Sich nach einem anstrengenden Tag in der Bahn auf den Sitz fallen lassen? Oder zu Hause am Herd stehen und das Nudelwasser noch nicht kocht? Alles Situationen, in denen viele von uns zum Smartphone greifen dürften – und eben mal schauen, was in den sozialen Netzwerken so los ist.
Das Verhalten lässt sich aus psychologischer Sicht so erklären: Video-Schnipsel unterhalten uns und lenken ab. Sie bieten unserem Gehirn damit einen Glückskick, der schnell einsetzt, aber auch schnell wieder verpufft. Verantwortlich dafür ist Dopamin, ein Botenstoff, der ein wichtiger Teil unseres Belohnungssystems ist. Wird er ausgeschüttet, erleben wir kurzfristig Glücksgefühle, erklärt Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Solche Reize, die unsere Dopamin-Ausschüttung anregen, müssen nicht zwangsläufig vom Bildschirm des Smartphones stammen. Auch der Schokoriegel oder der Kaffee zwischendurch wirken so im Gehirn.
Doch wo liegt das Problem – Glücksgefühle sind doch willkommen? Ja, aber auch bei Dopamin gilt: Zu viel des Guten kann Schaden anrichten. Und zwar dann, wenn wir unser Gehirn mit so vielen Reizen fluten, dass es zu einer Dauerstimulation kommt. Dann »kann die hohe Menge Dopamin psychische Belastungen wie Stress, innere Unruhe oder Konzentrationsprobleme verstärken«, so Häfner, der ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau ist.
Die Folge: Wir fühlen uns übersättigt, müssen unserem Gehirn immer neue Impulse bieten, um Freude zu empfinden. »Vergleichbar mit einem Suchtmechanismus«, so der Experte. Mögliches Anzeichen, dass wir bereits in so einer Reizüberflutung stecken: Auf einmal fehlt die Motivation, zur Abwechslung ein zeitintensives Brettspiel zu spielen oder einen längeren Film zu schauen. Denn solche Tätigkeiten sorgen viel langsamer für einen Dopamin-Effekt, verlieren damit für unser Hirn an Reiz.