Alle Kinder gegen Grippe impfen? |
Ulrich Enzel |
01.02.2021 12:30 Uhr |
In den vergangen Jahren erlauben immer bessere Untersuchungsmethoden einen sich ständig erweiternden Blick in die Welt der Immunreaktionen. Dies hat zu einer Abkehr von der strikten Einteilung des Immunsystems in ein unspezifisches und ein spezifisches geführt. Die Auseinandersetzung mit Bakterien und Viren und gleichermaßen mit Impfstoffen induziert weit über spezifisch gegen den jeweiligen Krankheitskeim oder Impfstoff hinausgehende Reaktionen. So konnte gesichert werden, dass eine Erst-Exposition mit Influenzaviren unser Immunsystem für das ganze Leben prägt. Weit effizienter erfolgt eine solche basale Immunstimulation, wenn der Influenza-Erstkontakt mit einem quadrivalenten Impfstoff erfolgt als durch die Infektion, bei der nur ein einziger Influenzavirus-Wildtyp abzuwehren ist.
Regelmäßige Grippeimpfungen vom Kindesalter bis zur Adoleszenz können noch weitere segensreiche Immunreaktionen induzieren. Denn symptomatische Influenza-Erkrankungen hinterlassen vor allem im Jugendalter ein breites Repertoire Influenza-spezifischer T-Zellen, die teilweise auch auf EBV(Epstein-Barr-Viren)-Viren reagieren, den Erregern nicht nur des gefürchteten Pfeifferschen Drüsenfiebers. Bei einer Neuinfektion mit EBV-Viren könnte diese immunologische Präformierung dienlich sein. Die Erkrankung mit einem Pfeifferschen Drüsenfieber erhöht das Risiko, in der Folge eine Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose zu entwickeln um das Zwei- bis Dreifache. Regelmäßige Impfungen gegen Influenza können möglicherweise das Risiko für eine solche komplexe Immunreaktion und sogar deren Autoimmunfolgen reduzieren.
Könnte die Grippeimpfung auch einen gewissen Schutz vor Covid-19 bieten? Zwei Studien aus Italien und den Niederlanden haben erste Auswirkungen der Grippeimpfung auf Häufigkeit und Schweregrad einer Covid-19-Infektion gesichert. Beide haben eine deutliche Reduktion gravierender Covid-19-Erkrankungen in der vergangenen Wintersaison gegen Influenza geimpfte Personen gegenüber Nichtgeimpften finden können. Während sich die italienische Studie auf über 65-Jährige konzentriert hat, war beim gesamten Personal eines niederländischen Krankenhauses eine Reduktion der Covid-19-Erkrankungen bei Geimpften um 39 % festzustellen. Zu bedenken: Auch aufgrund der nur sehr geringen Covid-19-Erkrankungen bei Kindern liegen ähnliche Daten für diese Altersgruppe nicht vor. Aber da als – zumindest eine – Ursache für diese generell verbesserte Immunantwort eine erhöhte Zytokin-Produktion eruiert werden konnte, dürfte auch für Kinder und Jugendliche ähnlich Positives zu erwarten sein.
Bezeichnung | Art des Impfstoffes | Herstellung | Applikation | Indikationsgruppe |
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Flucelvax Tetra | Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert, aus Zellkulturen) | Zellkultur | intramuskulär | ab zwei Jahre |
Fluenz Tetra | Influenza-Impfstoff (Virusimpfstoff, lebend-attenuiert) | Hühnereier | nasal | ab zwei Jahre bis einschließlich 17 Jahre |
Influsplit Tetra | Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert) | Hühnereier | intramuskulär | ab sechs Monate |
Influvac Tetra | Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert) | Hühnereier | intramuskulär oder tief subkutan | ab drei Jahre |
Vaxigrip Tetra | Influenza-Spaltimpfstoff (Virusimpfstoff, inaktiviert) | Hühnereier | intramuskulär oder subkutan | ab sechs Monate, auch für Schwangere |
Xanaflu Tetra | Influenza-Untereinheiten-Impfstoff aus Oberflächenantigen (Virusimpfstoff, inaktiviert) | Hühnereier | intramuskulär oder tief subkutan | ab drei Jahre |
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.