Bei Nesselsucht den Leidensdruck senken |
Isabel Weinert |
04.03.2024 16:00 Uhr |
In seltenen Fällen kann Wasser die Symptome einer Urtikaria auslösen. / Foto: Adobe Stock/torwaiphoto
Quaddeln und Angioödeme sind die klassischen Symptome der Urtikaria. Dabei zeichnet sich eine Quaddel laut Leitlinie »Klassifikation, Diagnostik und Therapie der Urtikaria« durch drei typische Merkmale aus: Es handelt sich im eine scharf begrenzte Schwellung unterschiedlicher Größe und Form, die beinahe immer von einem Erythem, also einer Rötung der Haut, umgeben ist. Die Quaddel juckt mitunter oder löst ein brennendes Gefühl aus. Und: Binnen einer halben Stunde bis einem Tag normalisiert sich das betroffene Hautareal wieder.
Im Gegensatz dazu zieht ein Angioödem auch tiefere Hautschichten in Mitleidenschaft und kann sich auch an den Schleimhäuten bilden. Kribbeln, Brennen, ein Spannungsgefühl und mitunter auch Schmerzen sind häufige Symptome. Das Angioödem hält auch länger an – bis zu 72 Stunden. Weil geschwollene Schleimhäute die Atmung massiv behindern können, sollten Menschen, bei denen dieses Risiko besteht, stets ein Notfallset aus Antihistaminikum, Glucocorticoid und Adrenalin-Pen dabeihaben.
Vorboten für eine Urtikaria gibt es nicht. Sie entwickelt sich aus heiterem Himmel und weitet sich binnen Minuten aus. Die Erkrankung gehört auch in leichter Ausprägung in die Hand von Medizinern. Spezialisten wie Hautärzte oder Allergologen erkennen eine Nesselsucht zumeist schon auf den ersten Blick. Weil die Symptome aber nicht immer ausgerechnet dann vorhanden sind, wenn der Arzttermin ansteht, sollten Betroffene Fotos von ihrer Haut im Nesselzustand machen und dem behandelnden Arzt mitbringen. Die Blickdiagnose alleine reicht allerdings nicht aus, weil es zu unterscheiden gilt, um welchen Typ der Urtikaria es sich handelt (akut oder chronisch) und ob sie ohne auffindbare Ursache oder durch bestimmte Faktoren getriggert auftritt.
Andere Ursachen für die Symptomatik müssen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Dazu ist zunächst die Anamnese wichtig. Patienten führen am besten Tagebuch über die Symptomatik, also wann tritt sie auf, was war vorher, was wurde gegessen, welche Medikamente werden eingenommen, wie lange bestehen die Beschwerden schon? Der Arzt sollte sich für die Anamnese ausreichend Zeit nehmen. Hier können auch Fragebögen weiterhelfen. Auf Anamnese und körperliche Untersuchung folgt eine Basisdiagnostik. Ist eine exaktere Abklärung notwendig, greift ein erweitertes Diagnostikprogramm.
Generell spricht man bei einer Symptomdauer unter sechs Wochen von einer akuten, bei darüber hinaus auftretenden Beschwerden von einer chronischen Form. Außerdem lässt sie sich einteilen in spontan, das heißt, es lässt sich kein Auslöser ausmachen, und in induzierbar. Bei letzterem hat man spezifische Auslöser gefunden. Die Ursache der Nesselsucht liegt in den wenigsten Fällen in einer Allergie begründet, vielmehr führen pseudoallergische Reaktionen, Autoimmunprozesse und Infektionen die Liste der Verursacher an. Zu den Auslösern der chronisch induzierbaren Urtikaria zählen Kälte, Druck auf die Haut, Licht und Wärme. Diese Faktoren fasst man unter »chronisch physikalische Urtikaria« zusammen.
Ein weiterer Auslöser ist, vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, eine erhöhte Körperkerntemperatur, wie sie etwa durch Sport entsteht, aber auch durch heißes Badewasser oder scharfes Essen. Diese Form nennt sich »cholinergische Urtikaria«. In seltenen Fällen ist es gar Wasser, das eine Urtikaria hervorrufen kann. Infekte, Medikamente und Stress können die Symptomatik ebenfalls induzieren.