Berufstätige Eltern leiden unter Personalmangel in Kitas |
In Kitas herrscht Personalmangel, oft werden Betreuungszeiten eingeschränkt oder es kommt zu Schließtagen. Die Leidtragenden sind die berufstätigen Eltern. / Foto: Getty Images/Guido Mieth
Für die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung wurden mehr als 5000 Erwerbstätige und Arbeitsuchende online zu ihrer Lebenssituation befragt. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland repräsentativ hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland ab.
Unter den befragten Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden waren 469 Eltern, die für ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder einen Betreuungsplatz gefunden haben. Bei 47 Prozent von ihnen gab es in den letzten drei Monaten vor der Befragung Kürzungen der Betreuungszeiten. 38 Prozent mussten sich sogar auf eine zeitweise Schließung einstellen. Insgesamt waren von einer oder beiden Einschränkungen 57,4 Prozent der befragten Eltern betroffen.
Es verwundert nicht, dass 67 Prozent von ihnen die Verkürzungen oder Ausfälle bei der Kinderbetreuung als belastend empfinden. 30 Prozent der betroffenen Eltern bewerteten die Situation sogar als »sehr belastend«.
Die Folge für die Beschäftigten: Fast die Hälfte musste Überstunden abbauen oder Urlaubstage nehmen. Knapp 30 Prozent gaben an, dass sie vorübergehend ihre Arbeitszeit reduzieren mussten, um die Betreuungslücke zu kompensieren.
Soweit möglich, wurden auch die Partnerin beziehungsweise der Partner, andere Familienangehörige oder der Freundeskreis einbezogen. Dabei konnten männliche Erwerbstätige eher auf den Einsatz ihrer Partnerin bauen (63 Prozent) als umgekehrt Arbeitnehmerinnen auf Unterstützung durch den Partner (33 Prozent).
»Die frühe Bildung in Deutschland steht auf wackligen Füßen«, sagt Professor Dr. Bettina Kohlrausch zu diesen Zahlen. Zwar sei die Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark ausgebaut worden. »Aber unzureichende finanzielle Ausstattung und der damit zusammenhängende Fachkräftemangel in Erziehungsberufen machen sie unzuverlässig«, so die Bewertung der Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
Kohlrausch sieht die Gefahr einer sich selbst verstärkenden Spirale nach unten. Generell gebe es zu wenig Personal in den Kitas, weil die Betreuungsschlüssel zu niedrig seien und zu wenig ausgebildet werde. Aufgrund der hohen Belastung steigen dann weitere Erzieherinnen und Erzieher aus. »Der Fachkräftemangel in der frühen Bildung verschärft dann wiederum den Arbeitskräftemangel in anderen Branchen«, so die WSI-Direktorin. Denn vor allem Mütter, die nicht auf eine stabile Kinderbetreuung vertrauen könnten, müssten ihre Erwerbstätigkeit eher einschränken, als diese ausbauen zu können.
Schnelle Lösungen sieht die Soziologin zwar nicht, aber trotzdem dringenden politischen Handlungsbedarf, um einer weiteren Verschlechterung vorzubeugen und längerfristig die frühkindlichen Betreuungs- und Bildungsangebote wieder zu verbessern. »Ein Ansatz wäre eine Ausbildungsoffensive für Erziehungsberufe, gekoppelt an deutlich bessere Personalschlüssel. Ein zweiter die Bezahlung. Trotz einiger Verbesserungen ist da noch Luft nach oben. Und mehr Geld könnte abgewanderte Fachkräfte dazu bewegen, wieder in den Bereich der frühen Bildung zurückzukehren.«